piwik no script img

Union erfindet „Teilvorruhestand“

■ Kompromiß innerhalb der CDU zur Abschaffung der Vorruhestandsregelung für ältere Arbeitnehmer scheint möglich / Auch ein „Teilrentenmodell“ wird diskutiert / Beide Vorschläge gelten als sehr teuer

Bonn (ap) - Innerhalb der Regierungskoalition wird es möglicherweise doch zu einem Kompromiß über die umstrittene Abschaffung der Vorruhestandsregelung für ältere Arbeitnehmer kommen. Im Gespräch ist nach Information aus Koaltionskreisen der CDU/CSU die Einführung eines sogenannten Teilvorruhestandes. Dies würde bedeuten, daß Arbeitnehmer von einem bestimmten Alter an nur noch halbtags beschäftigt werden, vom Arbeitgeber nur noch die Hälfte des Einkommens beziehen, und die Bundesanstalt für Arbeit bis zum Eintreten der Rente einen monatlichen Gehalts– oder Lohnzuschuß bezahlt. Als Alternative ist auch ein „Teilrentenmodell“ in der Diskussion, das ähnlich gestaltet ist, bei dem aber die Rentenversicherung die einkommensergänzenden Zahlungen übernimmt. Beide Vorschläge gelten jedoch als sehr teuer, was einen möglichen Kompromiß gefährden könnte. Der Vorsitzende der CDU/ CSU–Bundestagsfraktion, Alfred Dregger, bezeichnete das Modell am Dienstag in der Fraktionssitzung als „interessant“. Auch Bundeskanzler Helmut Kohl rückte von seiner Aussage vom Montag ab, die Sache sei „entschieden“. Die SPD hat für Freitag im Bundestag eine Aktuelle Stunde beantragt, um diese Frage zu erörtern. Der SPD–Partei– und Fraktionsvorsitzende Vogel wertete in diesem Zusammenhang den unionsinternen Streit um die Verlängerung des Vorruhestandsgesetzes als „weiteren Beleg für die handwerkliche Unzulänglichkeit der Bundesregierung“. Inzwischen haben FDP und Bundesverband der Selbständigen die Entscheidung gegen die Verlängerung der Voruhestandsregelung als vernünftig und richtig bezeichnet. Auch das Handwerk unterstützte am Dienstag den Beschluß, das Vorruhestandsgesetz nicht zu verlängern. Man könne nicht die Verkürzung der Lebensarbeitszeit zu einem Zeitpunkt zementieren, an dem zur Sicherung der Renten eine Verlängerung das Gebot der Stunde wäre. Dagegen forderte die Deutsche Angestellten–Gewerkschaft (DAG) eine Verlängerung der Regelung um mindestens zwei Jahre. Angesichts einer Arbeitslosenzahl von 2,5Millionen wäre es verantwortungslos, den Tarifvertragsparteien ein nicht unwichtiges arbeitsmarktpolitisches Instrument aus der Hand zu schlagen, sagte der DAG–Vorsitzende Roland Issen in Bonn.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen