piwik no script img

Unfreiwillige Internetsperre in DänemarkOh, das Netz ist tot

Mehrere Stunden lang sind in Dänemark 8.000 Internetseiten von der Polizei gesperrt worden – aus Versehen. Ein Polizeibeamter hatte auf dem falschen Stuhl gesessen.

Für ein paar Stunden kein Internet: Ein "menschlicher Fehler" war verantwortlich, dass tausende Internetseiten in Dänemark gesperrt waren. Bild: photocase / Yunioshi

Wer kürzlich in Dänemark im Internet surfte, wurde böse überrascht. Statt Facebook oder Google öffnete sich eine Meldung der Polizei, Abteilung Internetkriminalität (NITEC): „Diese Internetseite könnte kinderpornografisches Material enthalten“.

//torrentfreak.com/google-facebook-and-8000-other-sites-accidentally-dns-blocked-120302/:NITEC hatte Internetprovidern versehentlich angeordnet, tausende Webseiten zu sperren. "Ein Angestellter der Abteilung nutzte den Arbeitsplatz eines Kollegen und speichere die Liste der Internetseiten in einem falschen Ordner."

Bevor die Polizei den Fauxpas bemerkte, hatten zwei Dienstleister, Siminn Denmark und Tele Grönland, schon 8.000 Seiten gesperrt. Während mehrerer Stunden konnten Kunden die Internetseiten nicht mehr aufrufen. Das führte zwar nicht zu einem Kollaps des Internets, aber für viele Unternehmen, Blogger und Medien zu so manchen Ärger.

NITEC erstellt regelmäßig Sperrlisten verbotener Internetseiten. Diese Listen würden regelmäßig an Provider, die Zugänge zum Internet bereitstellen, geschickt. Diese müssen die Seiten dann sperren.

Polizei und Provider

Für IT-Politisk Forening, eine dänische Organisation, die sich für Privatsphäre und freie Meinungsäußerungen im Internet einsetzt, weist dieser Vorfall auf die Gefahren hin, wenn Polizei und Provider so eng zusammenarbeiten. „Und es zeigt, dass die Polizei nicht gegen menschliche Fehler, die das Internet lahmlegen können, gewappnet ist“, sagte ein Sprecher der Organisation.

In Deutschland gibt es keine gesetzliche Grundlage für eine Internetsperre. Ein Gesetzesentwurf mit dem das Bundeskriminalamt (BKA) verpflichtet worden wäre, Sperrlisten zu führen und die Provider dazu, die entsprechenden Seiten zu sperren, trat nicht in Kraft.

„Strafrechtlich relevante Seiten können in Deutschland aber gelöscht werden. Entweder wird der Provider direkt kontaktiert oder man meldet die Seite bei der Polizei,“ sagt Alex Lesseman von der Piratenpartei. Das Löschen setze eine ausreichende Anzahl qualifizierter Ermittler bei den Behörden voraus, so Lesseman. „Im zuständigen Bundeskriminalamt (BKA) kümmern sich nur sechs Personen um die Löschung verbotener Inhalte. Das ist zu wenig.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • A
    Arno

    @Stefan:

    Menschliche Fehler sind generell nicht zu verhindern, aber gerade deswegen ist es wichtig, Systeme so zu gestalten, dass einzelne menschliche Fehler nicht enorme Folgen verursachen.

  • E
    Elvenpath

    @Stefan: Sie haben das Grundproblem nicht verstanden: Es wurde eine unnötige und gefährliche Zensurinfrastruktur geschaffen, bei der es leicht zu Fehlern und Missbrauch kommen kann.

    Genau das ist es, was die Gegner von Netzsperren immer gesagt haben.

  • KN
    Karl Napp

    Dieses 'Versehen' zeigt einmal mehr, dass eine Zensur nicht stattfindet. Herr Mielke hätte Freudentänze aufgeführt, wenn er die Möglichkeiten gehabt hätte, die den Sicherheitsorganen bereits heute zur Verfügung stehen. Aber mit "Cloud" & Co geht es weiter.

    Big Brother lässt grüßen!

  • B
    bsa

    >> Ich frage mich allerdings, was das dann für

    >> eine zweite Liste mit 8000 Adressen war,

    >> die da zufällig gespeichert wurde?

     

    Vor allem, wenn da Seiten, wie Google und Facebook dabei waren!!!

  • Z
    zeunseur

    warscheinlich war es ein unformatiertes .txt file was da angelegt und verschoben wurde, als der beamte bei amazon schuhe gekauft hat. alles andere würde zuviel kenntnis bei polizisten voraussetzen...

  • BH
    Balte Haak

    Haha, schöne Panne. Ich frage mich allerdings, was das dann für eine zweite Liste mit 8000 Adressen war, die da zufällig gespeichert wurde?

  • S
    Stefan

    Das ist DER Anspruch überhaupt: Ich will in Zukunft gegen ALLE menschlichen Fehler geschützt werden.