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Unfall in UdSSR–AKW simuliert

■ Die Rettungsdienste versagten bei einer Übung in Sachen Atomkatastrophe

Moskau (dpa) - Bei einer aus Übungsgründen simulierten Katastrophe im sowjetischen Atomkraftwerk in der Stadt Balakowo an der unteren Wolga haben die Rettungsdienste zu einem großen Teil versagt. Die Zeitung Sowjetskaja Rossija berichtete am Mittwoch über eine entsprechende „Übung der zivilen Verteidigung“ in der Stadt. Das Ergebnis dieser in der UdSSR ersten Aktion lasse sich „eher als entmutigend“ beschreiben. Einige städtische Dienste seien „überhaupt gelähmt“ gewesen. „Die Notwendigkeit, in der simulierten Notsituation etwas zu unternehmen, versetzte ihre Leiter nahezu in einen Schockzustand“, schrieb das Blatt. „Die meisten Einwohner der Stadt hatten keine Ahnung, wo sich die Unterkünfte befinden... Aber auch die Unterkünfte selbst waren nicht intakt... Nur einer von 70 Kellern konnte Menschen aufnehmen. Andere waren überflutet, von Stechmücken und Ungeziefer bevölkert, es fehlten Bänke, Türen und Trinkwasservorräte“. Bei der Massenevakuierung habe man vergessen, einen Zeitplan für „viele Tausende von Bussen und Lkw“ aufzustellen. Auch sei an den Abtransport von Schwerkranken und alten Leuten nicht gedacht worden. Als einzige sei die Polizei den komplizierten Aufgaben gewachsen gewesen. Auch habe es in der ersten Stunde zahlreiche „Opfer“ gegeben, die auch von einem richtigen Unglück nichts mitbekommen hätten. Ursache dafür sei, daß es fast in der Hälfte aller Wohnungen kein Radio, beziehungsweise keinen Anschluß an das Lautsprechernetz gebe. Ein Fabrikdirektor habe sich geweigert, Jodtabletten für die Belegschaft zu bezahlen, mit der Begründung, daß kein Geld dafür da sei. Dabei hätten die Tabletten ganze 18 Rubel gekostet. Eine Ladendirektorin habe in dem Tumult Spirituosen im Wert von 138 Rubel gestohlen. Auch seien Graupen, Nudeln und „Konserven, die lange keinen Absatz fanden“, (offenbar aus Angst vor Versorgungsproblemen) schnell weggekauft worden.

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