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Unerträgliches Jesus-Gelalle

betr.: „Bruncht Gott?“, taz vom 19. 6. 99

Daß die Sendung „Braucht Gott ein neues Image?“, wie Jan Feddersen meint, „eine der besten Talkshows der letzten Zeit“ war, kann nicht ernst gemeint sein. Ich selbst war als Gast für diese Sendung eingeladen und hatte nach den Vorgesprächen mit Michael Steinbrecher und der Redaktion die (naive) Hoffnung, daß sich die Diskussion nicht nur mit irgendwelchen oberflächlichen Marketingfragen befassen, sondern sich auch stärker inhaltlich mit Kirche, Gott und Glauben und den damit verbundenen Widersprüchen auseinandersetzen würde. Statt dessen war diese peinliche Diskussion so nichtssagend wie die Interviews im Aktuellen Sportstudio. Das Jesus-Gelalle eines Mitdiskutanten war penetrant und unerträglich, die meisten der übrigen Gäste ließ die Regie trotz zahlreicher Meldungen gar nicht zu Wort kommen.

Auf meinen Einwand, daß die Diskussion, ob man die Leute mit Brunch oder Techno wieder in die Kirche locken könne, doch symptomatisch sei für das Scheitern von Religion als ein integrierendes Element in metaphysischen Sinnfragen, wurde gar nicht erst eingegangen. Daß die meisten Menschen sich nicht wegen bloßer Äußerlichkeiten von der Kirche abwenden, sondern weil sie mit den dort verkündeten absurden Glaubensdogmen nichts anfangen können, wurde völlig ignoriert.

Angesichts des riesigen Aufwands auf Kosten der Gebührenzahler, der für diese Sendung betrieben worden ist, hätte man mehr erwarten dürfen als Bärbel-Schäfer-Niveau. Ich konnte während dieser lächerlichen Diskussion jeden Zuschauer zu Hause vor dem Fernseher nur beneiden, der im Gegensatz zu mir, die Gelegenheit hatte, um 23.15 Uhr auf Sat.1 zu Harald Schmidt umzuschalten. Sören Rößner, Konstanz

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