: Unbekannte Aufklärer
Heute wird die Kommission zur Gewalt im Jugendvollzug eingesetzt. Wie sie das machen will, bleibt geheim
Unabhängig, extern, kompetent. So preist das NRW-Justizministerium die neue Kommission, die nach dem Mord in der JVA-Siegburg nach Ursachen für Gewalt im Jugendvollzug suchen soll. Bisher ist die Kommission allerdings vor allem geheim. Nicht ansprechbar. Keine öffentliche Stellungnahmen bis Ende Januar, heißt es in einer Mitteilung.
Vor zwei Wochen hatte NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) fünf Experten berufen. Die sind immerhin bekannt und gehören laut Ministerium zur Haute-Couture des Strafvollzugswesens: Chef-Aufklärer ist der ehemalige Berliner Innensenator Eckart Werthebach. Ein Würzburger Strafrechtsprofessor ist ebenso dabei wie der ehemalige Leiter des Justizvollzugsamtes Rheinland, Klaus Koepsel.
Und letzterer ist umstritten: Als Leiter des Justizvollzugsamtes Rheinland hatte er die Aufsicht über die Siegburger Anstalt, in der der grausame Foltermord begangen wurde. Eine katastrophale Fehlbesetzung, sagt Grünenpolitiker Ingo Steiner, der im Siegburger Gefängnisbeirat sitzt. „Er soll jetzt aufklären, was er selbst früher falsch gemacht hat.“ Zwar ist Koepsel schon seit drei Jahren in Pension, aber bereits im Jahr 2000 hat sich der Gefängnisbeirat über Personalnotstand und schlechte Bedingungen in Siegburg beschwert. „Herr Koepsel ist dem damals nie nachgegangen.“ Außerdem bezweifelt Steiner, dass heikle Erkenntnisse an die Öffentlichkeit gelangen. „Der Bericht wird doch ohnehin zuerst ans Justizministerium gehen.“
Die Grünen fordern daher statt der Kommission einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Vermutlich vergeblich, denn für eine Entscheidung benötigen sie auch das Votum der SPD, die daran kein allzu großes Interesse haben dürfte: Schließlich war NRW-SPD Chef Jochen Dieckmann lange Zeit Justizminister des Landes.
Aufgeklärt wird also qua Expertenkommission. In seiner ersten und vorerst letzten öffentlichen Äußerung hat ihr Chef Werthebach klargestellt, dass er bereits „umfangreiches Aktenmaterial“ aus dem Justizministerium entgegengenommen habe. Darin fänden sich „Organigramme, Daten und Fakten über die einzelnen Haftanstalten.“ Viel mehr ist nicht zu erfahren. Bevor die Kommission der geheimen Untersuchung nachgehen kann ist sie aber noch anderweitig beschäftigt: mit der „Erstellung eines konkreten Zeit- und Aufgabenplans“. MANFRED GÖTZKE