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Archiv-Artikel

Umweltminister unter Druck KOMMENTAR VON HANNES KOCH

Durch die richterliche Unterstützung für den Bau des atomaren Endlagers Schacht Konrad hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) eine Menge zusätzlichen Ärger am Hals – mit seinen Genossen in Niedersachsen, seinen Wählern im heimatlichen Wahlkreis und den Aktivisten in der atomkritischen Bevölkerung. Dieser Ärger – und auch der für die Kläger missliche Ausgang des Verfahrens – könnte aber auch eine gute Seite haben: Er stärkt Gabriels Position gegenüber den Atomkonzernen, sowohl hinsichtlich der AKW-Laufzeiten als auch des Endlagers für Brennelemente in Gorleben.

Zunächst: Mit dem jetzt erzwungenen Weiterbau des Atommüll-Endlagers bei Salzgitter sind Gabriel die Dinge zum Teil aus der Hand genommen. Gegenüber den Anti-AKW-Aktivisten kann der Umweltminister erklären, nichts mehr für sie tun zu können. Die Atomkonzerne hingegen wird der Umweltminister darauf hinweisen, dass sie nun das Endlager bekommen, das sie sich immer so sehr gewünscht haben – und das sie auch brauchen, um den Kraftwerk-Schrott der kommenden Jahrzehnte zu vergraben.

Zugleich aber gilt es, möglichst viel vom rot-grünen Atomkonsens gegen die Betreiber der AKWs durchzusetzen. Zumindest offiziell legt Gabriel Wert darauf, dass analog zum Ausstiegsbeschluss von 2000 in dieser Legislaturperiode vier deutsche Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Die Konzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW dagegen würden am liebsten alle weiterbetreiben. Ist der Umweltminister stark, werden drei oder vier Anlagen stillgelegt, ist er schwach, nur eine oder zwei.

Dies aber ist im Hinblick auf das noch nicht existierende Endlager für stark strahlenden Atommüll von äußerst großer Bedeutung. Eine Lehre aus dem Jahrzehnte dauernden Streit um Schacht Konrad ist, dass keine deutsche Regierung eine derartige Anlage irgendwo in die Landschaft setzen sollte, ohne vorher verschiedene Standorte gegeneinander abgewogen zu haben. Zu Gorleben müssen Alternativen geprüft werden. Aber solange der Atomausstieg nicht politisch stabil ist, wird auch kein Endlager für den stark strahlenden Abfall durchsetzbar sein. Auch wenn inzwischen der Schacht Konrad in Betrieb geht.