piwik no script img

Umweltindex für FluglinienSchluss mit Business Class as usual

Welche Airline ist die am wenigsten umweltschädliche? Der weltweite erste Umweltindex für die Luftfahrtindustrie gibt Auskunft über fliegende Spritschlucker.

Ein Platz an der Sonne durch den Öko-Index: Nicht mit Billigfliegern! Bild: dpa

Für die Umwelt hatte die Wirtschaftskrise auch ihr Gutes: Britische Geschäftsleute nutzen seitdem deutlich seltener das Flugzeug. Auch nach der Krise bleiben die Manager nach einer aktuellen Studie des Umweltverbands WWF lieber am Boden: Ein "Business as usual" in der Business-Class werde es nicht geben, hieß es.

Und wenn sie doch fliegen, haben die Briten jetzt ein Premium-Angebot vor der Haustür: "Monarch Airlines" ist die am wenigsten umweltschädliche Fluglinie der Welt. Das ist das Ergebnis des ersten "Atmosfair Airline Index" (AAI), den die Umwelt- und Entwicklungsorganisation "atmosfair" am Mittwoch auf der Internationalen Toursimus Börse (ITB) in Berlin präsentieren wird. Auf Platz zwei liegt die deutsche Condor, große Luftfahrtgesellschaften wie Lufthansa, Continental oder American Airlines landen abgeschlagen auf hinteren Plätzen.

Der Index sortiert die Gesellschaften gemäß einer aufwändigen Rechnung nach dem Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid pro Kopf und Kilometer. Wer mit dem geringsten Verbrauch die meisten Menschen transportiert, gewinnt.

Zwei Jahre lang haben die Experten von "atmosfair" an den Daten gerechnet, um dieses weltweit erste Klima-Ranking der Luftfahrtbranche vorzulegen. Jedes Jahr soll nun ein aktueller AAI vorgelegt werden.

"Grundsätzlich arbeiten wir daran, Flüge zu vermeiden, zu optimieren und zu kompensieren", sagt atmosfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen. Bei Vermeidung und Kompensierung sei man schon weiter, der AAI sei nun der Beitrag zur Optimierung des Verkehrs. An ihm sollen sich die Privatkunden orientieren, wenn sie etwa den Urlaub planen, meint Brockhagen - immerhin machen die etwa zwei Drittel der Flugpassagiere aus.

Sehr wichtig seien aber auch große Unternehmen: "Wir haben Firmen, die zu uns kommen, weil sie jährlich 6000 Flüge von Frankfurt nach Hongkong für ihre Mitarbeiter buchen und den geringsten ökologischen Fußabdruck dabei hinterlassen wollen". Da könnten die Firmen-Einkäufer jetzt anhand des AAI neben Preis, Verfügbarkeit und Service auch den Öko-Aspekt in die Entscheidung einführen. Auch bestärke der Index die Fluglinien in ihren Anstrengungen zu mehr Effizienz: Virgin Air etwa hat schon in der Vergangenheit angekündigt, jedes Flugzeug um eine Tonne leichter zu machen.

Die Testsieger von "Monarch Airlines" wussten bis zur Anfrage der taz noch nichts von ihrem Glück und konnten nicht darauf reagieren. Auch bei der Lufthansa will man den Index erst sehen, ehe man sich äußert. Peter Schneckenleitner, zuständig für Umweltfragen, führt allerdings an, ältere Airlines mit einer älteren Flotte seien gegenüber jüngeren Gesellschaften mit effizienteren Fliegern benachteiligt.

Die Kranich-Linie reduziere seit Jahren kontinuierlich ihren Kerosinverbrauch pro Passagier und plane für das Frühjahr die weltweit erste Erprobung von Bio-Treibstoffen auf der Strecke Frankfurt-Hamburg. "Außerdem investieren wir in den nächsten Jahren 14,5 Milliarden Euro, um 154 von unseren über 700 Flugzeugen durch neue zu ersetzen", so Schneckenleitner.

Die ökonomische und politische Debatte um Kerosinverbrauch und Klimawandel ist gewollt. Bisher trägt der Flugverkehr nach Angaben von Atmosfair weltweit bis zu zehn Prozent zum Klimawandel bei, und die Wachstumsraten sind enorm. Geht das Wachstum so weiter wie bisher, erledigen sich in einigen Jahren alle Klimaziele der EU allein durch die Emissionen aus den Flugzeugturbinen.

Brockhagen hofft, dass in Zukunft bei Diskussionen um Flughafenausbau oder Unternehmenszahlen der Öko-Index zur Bewertung der Airlines herangezogen wird. Dem ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist das mit seiner "Auto-Umwelt-Liste" gelungen, mit der er seit 1989 die effizientesten Autos auszeichnet.

"Wir liefern Infos für die Autofahrer und das ist jedes Jahr sehr medienwirksam", sagt VCD-Autoexperte Gerd Lottsiepen. "Es gibt Leute, die nur nach der Liste kaufen und einen allgemeinen Einfluss auf das Konsumverhalten. Aber es lässt sich nicht seriös sagen, wie groß der ist."

Auffällig beim AAI ist auch, wer nicht auf der Liste steht: Die Billigfluglinien sind ausgeklammert. Rein rechnerisch, so heißt es, müsste an Platz eins die irische "Ryanair" stehen, dessen Chef Michael O'Leary schon mal sagt: "Die Umwelt interessiert mich einen Dreck". Man könne den Billigfliegern ihr Geschäfstmodell nicht übel nehmen, meint Brockhagen, das müsse der Gesetzgeber regeln. "Aber wir wollen nicht, dass der Ryanair-Kunde mit Blick auf unseren Index sagt: Prima, das ist ja total ökologisch, da buche ich gleich noch einen Flug."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

9 Kommentare

 / 
  • J
    Juppi

    Unter den Fluggesellschaften einen Ökogewinner zu krönen ist wie die gesündeste Zigarettenmarke zu küren.

  • MS
    Marie. S.

    ich finde die studie völlig unseriös. wenn ryanair und co es schaffen ihre flugzeuge effizienter zu nutzen (hohe auslastung, kleinerer raum pro fluggast, kein schnickschnack) als alle "normalen" fluglinien dann sollte das auch so gesagt werden! der taz-bericht hätte diese politische maipulation der studienersteller noch deutlicher thematisieren sollen! schade!

  • V
    vic

    Auch hier ist der Blödsinn mit dem "Bio"sprit zu finden.

    Keine Binnenflüge in Deutschland.

    Flugbenzin besteuern, Ticketpreise auf den tatsächlichen Wert erhöhen.

    Nur fliegen bei 80% Sitzplatzbelegung.

    Druck auf Grube und die Regierung, Bahnlinien und Infrastruktur auszubauen anstatt Bahnhöfe einzugraben.

  • C
    Christian

    Zum Artikel:

    Der letzte Satz zeigt auf, dass es sich hier nicht um einen Index (Wirtschaft: statistischer Messwert, der wirtschaftliche Veränderungen anzeigt), sondern um eine subjektive Bewertung der Fluggesellschaften nach den persönlichen Präferenzen AAI handelt --- "Aber wir wollen nicht, dass der Ryanair-Kunde mit Blick auf unseren Index sagt: Prima, das ist ja total ökologisch, da buche ich gleich noch einen Flug."

    Die implizierte Feststellung, dass Ryanair "ökologischer" ist als die anderen betrachteten Fluggesellschaften, wird mit den Argumenten entkräftet, dass A) Fliegen als solches nicht ökologisch ist und deshalb B) der Gewinner der Studie nicht von erhöhten Passagierzahlen profitieren soll.

     

    zu tayfunius özmenicum:

    Auf Grund der Verpflichtungen als Deutscher Staatsbürger nach Art. 12a Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bin ich drei Monate lang zwei Mal wöchentlich 880km Bahn gefahren. Die Fahrtzeit betrug pro Strecke 7:30 Std. - sobald eine solche Flexibilität vom Arbeitsmarkt erfordert wird, erhöht sich die Attraktivität des Flugverkehrs, da dort eine Reduktion der Fahrzeit auf ein Bruchteil bei vergleichbarem Kostenniveau (zudem kostendeckend) möglich ist. Ein solches Verbot ist eine Bevormundung eines jeden Volljährigen Bundesbürgers, dem damit unterstellt wird, die Verantwortung für Straftaten übernehmen aber nicht für die Wahl seines Transportmittels übernehmen zu können.

  • T
    tayfunius özmenicum

    Meiner Meinung nach sollten Flüge unter 1000 km Entfernung abgeschafft werden. Nur für lebensrettende Zwecke, unwegsam-abgelegene Orte könnten Helikopter oder kleinflugzeuge eingesetzt werden. Alles andere was sich unter 1000 km Entfernung abspielt sollte auf Schienen stattfinden. So auch mit den Autos : Spritpreise sollten auf 15 Euro pro liter gehoben und die Öffis voll gesponsert und weiter ausgebaut werden..

    Aber welcher Kapitalist möchte das schon?? Welcher Bourgeois??

  • R
    rodelaax

    P.S. Neben den veralteten B757 benutzt Monarch außerdem auch noch Airbus A300. Alle diese Maschinen sind zwischen 20 und 24 Jahre alt.

    Ich zweifle sehr an den Ergebnissen dieser Studie. Sogar Ryanair oder Easyjet haben Flotten mit viel moderneren und spritsparenderen Flugzeugen.

     

    Sollte diese Untersuchung seriös sein, kann ich mir dieses nur folgendermaßen erklären:

     

    1. Es wurden nur britische Fluggesellschaften untersucht.

    2. Es wurde kein Unterschied zwischen Charter-, Linien- und Billigfluggeselschaften gemacht. Hier muß man berücksichtigen, dass z.B. eine Chartergesellschaft ganz andere Flugziele, nur zu bestimmten Saisonzeiten, nicht so häufig am Tag und ohne irgendwelche Klasseneinteilungen anfliegt. "Äpfel und Birnen" sind hier noch harmlos.

  • R
    rodelaax

    Ich denke mal, dass hier nur britische Fluggesellschaften untersucht wurden und selbst dann frage ich mich, wie eine Charterfluggesellschaft, die auch noch einige veraltete Boeing 757 benutzt hier an erster Stelle stehen kann.

     

    Mit Sicherheit gibt es weltweit mehere hunderte andere Airlines mit besserer Umweltbilanz.

  • EA
    Enzo Aduro

    Das ist nicht korrekt:

    Ryanair etc. fliegen mit modernen (sparsamen) Flugzeugen, haben eine hohe Auslastung (fliegen keine leeren Sitze durch die Gegend) UND haben nur die Holzklasse, fliegen also 3 Menschen statt einen in der Businessklasse. Also: Wenn Fliegen, dann Ryanair. Da ist doch wurscht was der von sich gibt. Er schont am meisten das klima. Weniger Service=mehr Plätze = Weniger Co2. Das ist die Lösung. Gut finde ich auch die Idee mit dem Bezahlklo. Wer auf einem 2 Stunden Flug pinkeln muss darf ruhig draufzahlen. Ein Klo Weniger sind 6 Plätze Mehr; Weniger CO2.

     

    Das ist echt unkorrekt von atmosfair. Echt Un"fair".

     

    Die Lufthansa sollte es Ryanair im Innereuropaflügen nachmachen. Und dann sollte eine kräftige Steuer drauf, so das die Tickets wieder so teuer werden wie bei der Lufthansa heute.

  • A
    Apollo

    Immer wieder schön zu sehen, wie viele Geschäfte man mit dem Umweltschwindel generieren kann.

    Nun also ein Öko-Index für die Fliegerei.

    Das gute dabei, dass es ein Dauergeschäft ist. Die Airlines müssen ja ständig beobachtet werden.

     

    Vielleicht mach ich auch ein Geschäft draus.

    Wie wär´s mit einem Gütesiegel für die Indexer?

    Oder irgendwas anderes. Mit Arbeit will ich mir jedenfalls nicht den Tag versauen. Hartz-IV bringt zu wenig. Also mach ich lieber auf Frauen-, Umwelt- oder Migrantenschutz (Treberhilfe ist ja leider schon belegt).