: Umwelterziehung in der DDR-Schule
■ Was es zu realsozialistischen Zeiten offiziell nicht geben durfte, wird jetzt zum Thema: Vergiftung der Umwelt / Grüne Liga gründete Arbeitsgruppe „Grün macht Schule“
Berlin (adn) - Klimakatastrophe, Treibhauseffekt, Smog und Waldsterben - wie werden Kinder mit diesen Begriffen groß? Wissen sie, daß die nachfolgenden Generationen mit Atomkraftwerken und Müllbergen vielleicht eine ökologische Zeitbombe erben? In diesem Jahr steht der Weltumwelttag am 5. Juni unter dem Motto „Umwelt und Kind“. Auch in DDR -Schulen ist das Thema Umwelt nun nicht mehr tabu.
Kein eigenes Fach
„Ökologie“ notwendig
Zu realsozialistischen Zeiten durften Schüler im Unterricht nicht mit Umweltproblemen „belastet“ werden. Daß ihre Gesundheit durch Schwefeldioxid, Staub und Umweltgifte sehr wohl stark belastet wurde, wie die erschütternden Berichte über die Kinder von Bitterfeld zeigen, darüber erfuhren sie in den Schulen nichts.
Nun bieten die neuen Rahmenlehrpläne des Bildungsministeriums Platz für die längst überfälligen Bildungsinhalte.
Auch Initiativen außerhalb der staatlichen Gremien zielen darauf, lange Versäumtes nachholen. Seit einigen Monaten gibt es in der Grünen Liga, dem überparteilichen Bündnis im Umweltschutz Engagierter, die Arbeitsgruppe „Grün macht Schule“. Die Sprecherin der Gruppe, Karin Danyel, sieht mehrere Schwerpunkte der Arbeit. Wichtig seien ökologieorientierte Bildungsinhalte.
Ein gesondertes Fach ist ihrer Meinung nach nicht nötig, wenn die Umwelt-Thematik in den einzelnen Fächern differenziert vermittelt wird. Dabei gehe es jedoch nicht wie bisher um die Anhäufung von Einzelfachwissen, sondern um die komplexe Betrachtung der Probleme.
Schulgärten sollen
beibehalten werden
Eine wichtiger Bestandteil der Umwelterziehung vor allem in den unteren Klassen sei die Arbeit in den Schulgärten. Sie sollten unbedingt erhalten bleiben. In der BRD verfüge nicht jede Schule über eine solch nutzbare Fläche. In den Schulgärten könnten die Kinder mit biologischem Pflanzenanbau vertraut gemacht werden, Wildkräuterecken, Selbstansiedlungsflächen für Pflanzen, einen Öko-Teich oder Unterschlupfmöglichkeiten für Tiere anlegen.
Umwelterziehung muß, so die Lehrerin, auch durch die Gestaltung der Schulen selbst erreicht werden. Sieben bis zehn Stunden verbringen die Kinder täglich auf dem Schulgelände. Besonders in der Unterstufe finden Unterricht und Horterziehung häufig im selben Raum statt.
Streß durch
grüne Oasen abbauen
Für die Bewegung an der Luft bleibe oft nur der betonierte oder asphaltierte, mit Kohlehaufen verstellte Schulhof. Diese Situation, verbunden mit zum Teil hoher Schülerzahl in den Klassen und natürlich den Lernanforderungen, führe zu Müdigkeit, Streß, Konzentrationsschwächen bis hin zu aggressivem Verhalten einzelner Schüler. Ein als grüne Oase gestalteter Schulhof böte dagegen bessere Erholungsmöglichkeiten.
Beim Anlegen von Grünflächen mit standortgerechten einheimischen Pflanzen bis hin zum kleinen Öko-Teich, bei Fassaden- und Dachbegrünungen sollten die Schüler einbezogen werden, um durch die eigenen Aktivitäten die Zusammenhänge ihrer Lebensumwelt begreifen zu lernen. Das sei auch durch „Projektunterricht“ möglich, bei dem die Schüler fächer oder klassenübergreifend für die Realisierung von Forschungs -, Planungs- oder Gestaltungsaufgaben zu Umwelt-Themen des Territoriums oder der Schulgestaltung wirken.
Regine Auster
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