Umweltamt zu Straßennutzungsgebühren: Maut statt Vignette
Laut Umweltbundesamt verursachen Autofahrer jährlich 47 Milliarden Euro Kosten. Zur Refinanzierung empfiehlt es eine fahrleistungsbezogene Pkw-Maut.
BERLIN taz | Das Umweltbundesamt (UBA) lehnt die von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ins Spiel gebrachte Autobahn-Vignette ab, befürwortet aber die Einführung einer Pkw-Maut im Grundsatz. "Straßenbenutzungsgebühren sind gerechtfertigt", heißt es in einem jetzt veröffentlichten Strategiepapier der Dessauer Bundesbehörde.
Schließlich seien rund 47 Milliarden Euro der vom Pkw-Verkehr verursachten Kosten nicht durch die Steuern und Abgaben gedeckt, die von Autofahrern aufgebracht werden. Das Amt favorisiert daher die Einführung einer "fahrleistungsbezogenen Pkw-Maut auf dem gesamten deutschen Straßennetz".
Für die Berechnung der volkswirtschaftlichen Kosten durch den Kfz-Personenverkehr zieht das Umweltbundesamt Zahlen von 2005 heran. Demnach wurden damals knapp 19,9 Milliarden Euro für Erhalt und Erneuerung des Straßennetzes ausgegeben; hinzu kommen externe Umwelt- und Unfallkosten von rund 61,2 Milliarden.
Im Umweltbereich werden dabei Klimaänderungsfolgekosten sowie Kosten für Luftverschmutzung, Lärm, Flächenzerschneidung und Flächennutzung einbezogen. Dem gegenübergestellt werden die Finanzleistungen der Autofahrer – etwa durch das Bezahlen der Mineralöl- und Kfz-Steuer sowie Parkgebühren, zusammen rund 34,3 Milliarden Euro.
Autobahnvignette bringt Ausweichverkehr
Um Autofahrer an den von ihnen verursachten volkswirtschaftlichen Kosten – ein möglicher volkswirtschaftlicher Nutzen bleibt ausgespart – stärker zu beteiligen, wägt das Umweltbundesamt verschiedene Bezahlmodelle ab. Das Vignettenmodell, bei dem Autofahrer einen Pauschalbetrag für einen bestimmten Zeitraum zahlen müssten, bringe aus Sicht des Umweltschutzes kaum Vorteile, so das Amt. Die Vignette könne sogar Anreize setzen, vermehrt den Pkw zu nutzen. Außerdem würde eine Autobahn-Vignette zu mehr Ausweichverkehr auf Landstraßen führen, was dort die Unfallzahlen steigen ließe.
Eine Erhöhung der Kraftstoffbesteuerung bietet nach Ansicht des Amtes die "einfachste Möglichkeit, Kosten des Straßenverkehrs nutzergerecht anzulasten". Allerdings müsste dies möglichst EU-weit geschehen, um Tanktourismus zu verhindern.
Daher favorisiert das Amt die fahrleistungsbezogene Pkw-Maut und eine City-Maut. Beide Mautmodelle böten die Möglichkeit, mit variablen Mautsätzen den Verkehr zu steuern und so die vorhandenen Straßen effizienter auszulasten. Zudem könnten die Mautsätze nach Lärm- und Schadstoffemissionen der Fahrzeuge differenziert werden.
Allerdings sei bei der fahrleistungsbezogenen Pkw-Maut unklar, ob der Aufwand für die Installation des Systems und die Überwachung in einem angemessenen Verhältnis zu den Mauteinnahmen steht. "Bei einer Anwendung der Pkw-Maut auf das gesamte deutsche Straßennetz – und nicht nur eines Teilnetzes wie die Bundesautobahnen – könnten die Erhebungskosten auch aufgrund einfacherer Erfassungstechnik geringer ausfallen", so das Amt. Zudem würden unerwünschte Ausweichverkehre vermieden. Nicht berücksichtigt sind dabei allerdings datenschutzrechtliche Probleme.
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