Umstrittener Olympia Werbefilm: Den NDR hats angehaucht
Öffentlich-rechtlicher Widerstand ist, wenn man problematische Filme in die hauseigenen Digitalkanäle abschiebt. Die guckt nämlich keiner.
Zumindest so viel lehrte vergangene Woche die Ausstrahlung der vom IOC per TV-Vertrag verordneten Werbe-Doku auf zdf.doku und Eins Festival dann doch. Fragt man aber nach, wie sich der Sendezwang eines wegen des Absenders (IOC) und wegen seiner Einseitigkeit (pro IOC, pro China) unjournalistischen Machwerks mit der Programmautonomie verhält, spielt die ARD munter "Schwarzer Peter".
Zuständig für Olympia ist der NDR, den offenbar jemand zu stark angehaucht hat, wie weiter unten belegt wird. Doch der NDR stellt sich trotz schriftlicher Anfrage an den Intendanten und/oder Programmdirektor tot. Natürlich nicht, ohne vorher darauf zu verweisen, dass die fraglichen Verträge ja auch nicht der NDR, sondern der Bayerische Rundfunk (BR) ausgehandelt habe.
Beim BR heißt es allerdings, man müsse "zuerst einmal sagen, dass der WDR die redaktionelle Bearbeitung des Materials übernommen" habe. "Insofern" bittet München, sich doch in Köln zu erkundigen. Fairerweise liefert der BR aber doch noch Erklärungen: Der Vertrag mit dem IOC über China sei bereits 1996 ausgehandelt und geschlossen worden - "uns bleibt da gar keine andere Wahl". Das zur Verfügung gestellte Material sei eine Art "Produktionsbeihilfe" und werde von der ARD noch "redaktionell bearbeitet" (lies: leicht um eine peinliche Selbstbeweihräucherung von IOC-Präsident Jacques Rogge gekürzt). Im Übrigen wurden "solche IOC-Materialien" seit 12 Jahren bei Olympia gezeigt, "nur hat das bisher keine Sau interessiert, weil die Austragungsorte nicht kontrovers waren".
Und der WDR teilt auf Anfrage mit: Der Film "wurde bearbeitet und abgenommen". Zudem habe "es einen deutlichen Hinweis gegeben, dass dies eine Auftragsproduktion des IOC war". Ähnlich argumentiert das ZDF. Das beantwortet zwar immer noch nicht die Frage nach der Programmautonomie, schlägt den NDR aber um Längen.
Denn der ignoriert nicht nur Anfragen, sondern schleimbeutelt munter weiter: "IOC-Präsident Jacques Rogge hat sich bei einem Rundgang durch den ARD/ZDF-Sendekomplex in Peking beeindruckt gezeigt von der modernen Studiotechnik, die die öffentlich-rechtlichen Sender im internationalen TV-Zentrum der chinesischen Hauptstadt aufgebaut haben", heißt es allen Ernstes in einer gestrigen NDR-Pressemeldung: "Volker Kottkamp, Chef vom Dienst des ARD-Teams, zeigte Rogge das […] Sendestudio, dessen chinesisch angehauchtes Design dem IOC-Chef nach eigenen Angaben besonders gut gefiel." Für so viel Blech muss es sofort IOC-Gold geben. Für den NDR!
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