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Umstrittene Umbenennung

■ Morgen wird das Treuhandgebäude in »Detlev-Rohwedder-Haus« umbenannt

Berlin. Das Vorhaben, morgen das Treuhand-Gebäude im Beisein von Bundeskanzler Helmut Kohl in »Detlev-Rohwedder-Haus« umzubenennen, stößt in Berlin auf widersprüchliche Resonanz. Zwar wird die Absicht, den im April 1991 von der RAF erschossenen ehemaligen Präsidenten der Treuhandanstalt zu ehren, begrüßt, doch werden Bedenken verschiedener Seiten wegen der Geschichte des Gebäudes erhoben. Dieses war der Sitz des damaligen Reichsluftfahrtministeriums.

Der Leiter der Ausstellung Topographie des Terrors auf dem benachbarten Gelände des ehemaligen Prinz-Albrecht-Palais, Reinhard Rürup, findet, daß deshalb die Benennung des Gebäudes nach dem ehemaligen Treuhandchef »grundfalsch« sei. Der Bau sei eines der Machtzentren des Dritten Reiches gewesen und habe danach als Haus der Ministerien eine zentrale Bedeutung für die Geschichte der DDR gehabt. So einfach dürfe die Geschichte des Nationalsozialismus und der DDR nicht unsichtbar gemacht werden.

Auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Helmut Fechner, hält die Umbenennung für »ein ehrenvolles Vorhaben am falschen Objekt«. Das Gebäude sei in seinen historischen Funktionen mit Namen wie Göring und Grotewohl verbunden, und es sei »äußerst problematisch, Rohwedder in diese Reihe zu stellen«. Zudem sei die Benennung in »Rohwedder-Haus« mit der Arbeit der Treuhand verbunden. Die Bewertung der Arbeit dieser Einrichtung könne jedoch erst im historischen Abstand, nach der Beendigung der Arbeit erfolgen.

Auch der Parteivorsitzende der Berliner SPD, Walter Momper, hätte sich für Rohwedder »eine passendere Würdigung gewünscht, als ausgerechnet dieses Gebäude nach ihm zu benennen«. Man merke zwar die gute Absicht, doch »diese NS-Architektur atmet nicht den Geist des Sozialdemokraten Rohwedder«. Der kulturpolitische Sprecher der CDU- Fraktion, Uwe Lehmann-Brauns, meint, er »sehe das Problem, halte es jedoch für unbedenklich«. Durch die Ehrung eines RAF-Opfers würde die Geschichte dieses Hauses nicht relativiert. Auch die FDP-Vorsitzende Carola von Braun findet, daß man nicht nach hinten sondern nach vorne diskutieren solle. Es sei richtig, Rohwedder zu ehren und dies im Zusammenhang mit dem Gebäude zu tun, in dem die Treuhand sitze. Demgegenüber findet die Fraktionsvorsitzende der Grünen/ Bündnis 90, Renate Künast, »daß man angesichts der Geschichte dieses Hauses, Herrn Rohwedder damit keine Ehrung bereitet«. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen wollte sich zu dem Thema nicht äußern.

Mit der Umbenennung wird morgen in der Treuhandanstalt eine Gedenktafel für Rohwedder enthüllt. dr

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