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Archiv-Artikel

Umständliche Reform

SPD und Gewerkschaft kritisieren Verwaltungsreform in Niedersachsen: Bisher kein Bürokratieabbau

Vor einem Jahr kam für die vier Bezirksregierungen in Niedersachsen das Aus: Doch ob die Landes-Verwaltung durch die Abschaffung der mittleren Ebene besser und effizienter oder doch langsamer und umständlicher geworden ist, darüber streiten sich Politiker und Betroffene nach wie vor. Für Innenminister Uwe Schünemann (CDU) ist klar: „Die neue Struktur hat sich weitestgehend etabliert.“ Sein Amtsvorgänger Heiner Bartling von der SPD kommt dagegen zu dem genau entgegengesetzten Urteil: Statt der versprochenen bundesweit vorbildlichen Erfolge habe die Verwaltungsreform bisher weder Einspareffekte noch einen Bürokratie-Abbau bewirkt, urteilt Bartling.

Aus Sicht der Opposition, aber auch der Gewerkschaft ver.di, die die Interessen der vom Stellenabbau betroffenen Mitarbeiter vertritt, gibt es vor allem zwei Kernprobleme: Zum einen klagen beide Seiten darüber, dass es für die Menschen in Niedersachsen in vielen Fällen komplizierter und teurer geworden ist, sich gegen Behördenbescheide zu wehren. In vielen Bereichen müssen die Bürger seit Anfang letzten Jahres klagen und vors Verwaltungsgericht ziehen, wenn sie mit Behördenentscheiden unzufrieden sind und es beispielsweise um die Befreiung von Rundfunkgebühren, falsche BaFög-Bescheide oder einen Widerspruch gegen zu hohe Müllgebühren geht.

Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) bestreitet, dass die Abschaffung des Widerspruchsrechts zu einer Klagewelle an den Verwaltungsgerichten geführt hat. Die SPD und die Landesregierung interpretieren die tatsächlichen Fallzahlen an den Gerichten aber höchst unterschiedlich, weil sie verschiedene Größen als Vergleichsmaßstab heranziehen. Die SPD errechnet so einen Anstieg der Klagen um mehr 40 Prozent seit Anfang vergangenen Jahres, die Landesregierung sieht dagegen einen Zuwachs von nur rund 4 Prozent.

Das zweite Kernproblem ist die Suche nach neuen Jobs für diejenigen Mitarbeiter, deren Stellen im Zuge der Verwaltungsreform abgebaut wurden oder noch werden. Zwar lobt Susanne Kremer von ver.di, dass es nicht zu den befürchteten großen Versetzungen von Personal quer durch das Land gekommen sei. Sie bemängelt aber auch: „Einige Leute wurden in ein neues Amt gesetzt, wissen aber immer noch nicht, welche Aufgabe sie dort auf Dauer übernehmen sollen.“ Da das Land niemand kündigen wollte, wurden Straßenwärter und Waldarbeiter zu Gefängnisaufsehern umgeschult. 50 Förster drücken noch einmal die Unibank und lassen sich zu Lehrern weiterbilden. dpa