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Umfragen stärken RüttgersNRW noch schwärzer als gedacht

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Rüttgers lobt seine Politik - und Umfragen scheinen ihm Recht zu geben: CDU und FDP hätten Chancen auf eine Mehrheit.

Zahlen geben ihm Grund zu guter Laune: Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers Bild: dpa

KÖLN taz Jürgen Rüttgers schaute ernst. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident wirkte äußerst angespannt bei seiner Bilanzrede im Düsseldorfer Landtag am gestrigen Mittwoch. Dabei hatte er doch eigentlich nur frohe Botschaften zur Halbzeit seiner ersten Regierungsperiode zu überbringen. "NRW ist wieder da", verkündete der Christdemokrat. "Wir sind noch nicht am Ziel, aber der Stillstand ist überwunden."

Seit dem Regierungswechsel 2005 hätten rund 200.000 Menschen wieder einen Arbeitsplatz gefunden, lobte Rüttgers die eigene Politik. Die Arbeitslosigkeit sei um ein Viertel gesunken. Zudem habe die schwarz-gelbe Koalition zusätzliche Lehrerstellen an den Schulen geschaffen. In der Verwaltung habe man 124 Behörden abgeschafft, kommunalisiert oder zusammengelegt.

Der Regierungschef versuche, seine wahre Politik zu verschleiern, kritisierte SPD-Oppositionsführerin Hannelore Kraft. In Wahrheit würde Rüttgers "wie kein anderer für die Durchökonomisierung aller Politikbereiche" stehen. Seine Politik gehe zu Lasten von Familien, Arbeitnehmern und Gemeinden. Die grüne Fraktionschefin Sylvia Löhrmann kritisierte die Regierungserklärung von Rüttgers: "Sie reden links und handeln marktradikal." Aber sie lobte Rüttgers ausdrücklich an einem Punkt: Er habe sein Versprechen gehalten und das Ende der Steinkohlesubventionen eingeläutet. "Dafür haben Sie auch weiterhin unsere volle Rückendeckung." Erwartungsgemäß kein einziges gutes Haar ließ der Linke Rüdiger Sagel an der Regierungspolitik. Diese sei "völlig unsozial, ökologisch nicht nachhaltig und ungerecht". In den letzten Jahren habe das Land "eine rücksichtslose neoliberale Politik erlebt", sagte Sagel. "Deshalb brauchen wir einen Systemwechsel." In Sicht ist indes nicht einmal ein profaner Regierungswechsel. Ob Forsa, Infratest-dimap oder Emnid - alle Meinungsforschungsinstitute, die in diesem Monat die Stimmung zwischen Rhein und Ruhr abgefragt haben, bescheinigen Schwarz-Gelb nach wie vor eine mehr oder weniger deutliche Mehrheit in der Bevölkerung. Der Wahlsieg von Rüttgers & Co. im einstigen SPD-Stammland vor zweieinhalb Jahren war offenkundig mehr als ein "Ausrutscher". So klang es denn auch wie ein Pfeifen im Walde, als SPD-Fraktionschefin Kraft mit Blick auf den Urnengang 2010 verkündete, ihre Partei sei "auf klarem Kurs" und voller Zuversicht: "Wir wollen gewinnen und wir werden gewinnen!"

Die Realität sieht anders aus. Zurzeit könnten CDU und FDP bei einer Landtagswahl zusammen mit einer Zustimmung zwischen 49 (Emnid) und 52 Prozent (Forsa) rechnen. SPD und Grüne schnitten hingegen bei der sogenannten Sonntagsfrage momentan mit einem addierten Ergebnis zwischen 38 (Forsa) und 42 Prozent (Infratest-dimap) noch schlechter ab als bei der verlorenen Wahl 2005. Die CDU erzielte damals 44,8 Prozent, die FDP 6,2, die SPD 37,1 und Bündnis90/Die Grünen 6,2 Prozent.

Nach dem derzeitigen Stand könnte es einzig ein Landtagseinzug der "Linken" für Schwarz-Gelb noch einmal knapp werden lassen. Bisher ist die Partei nur über den von den Grünen übergewechselten Sagel mit einem Abgeordneten im Parlament vertreten. Die Chancen dafür scheinen allerdings nicht schlecht zu stehen: Die Demoskopen sehen die neue Partei, deren NRW-Landesverband erst im vergangenen Monat gegründet wurde, zwischen 6 und 7 Prozent. Demagogisch sprach FDP-Fraktionschef Gerhard Papke in der gestrigen Debatte bereits von der "Mauerschützenpartei als Hoffnungsträger der nordrhein-westfälischen SPD". Getrennt kandidierend waren WASG und PDS 2005 zusammen auf 3,1 Prozent gekommen.

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