Umbau beim Berliner Verlag: Drei Herren in leeren Hallen

„Berliner Zeitung“ und „Berliner Kurier“ verschmelzen zur Berlin Newsroom GmbH. Deswegen will der DuMont-Verlag Personal loswerden.

Je ein Exemplar der Berliner Zeitung und den Berliner Kurier liegen übereinander

Umbau mit Schmerzen: Wer darf künftig noch für „Berliner Zeitung“ und „Kurier“ arbeiten? Foto: dpa

BERLIN taz | Als klar war, wie es mit Berliner Zeitung und Kurier weitergeht, ging alles ganz schnell. Nur wenige Tage nachdem DuMont die Mitarbeiter darüber informiert hatte, dass die Redaktionen zusammengelegt und neu besetzt werden, hingen schon die ersten Stellenanzeigen in der Lobby des Redaktionsgebäude am Alexanderplatz.

Gesucht wurden ein Textchef, Newsdesk-Chefs, Teamleiter. Führungspositionen. Ein paar Tage später kamen die Gesuche der Ressortleiter dazu. Und offenbar stoßen die Ausschreibungen auf große Nachfrage: 100 Bewerbungen seien in den ersten Tagen eingegangen, sagt ein DuMont-Sprecher. In dieser Woche sollen die restlichen Redakteursstellen ausgeschrieben werden.

Die Berliner Zeitung und der Berliner Kurier verschmelzen zur Berliner Newsroom GmbH. Weil beide Zeitungen in den vergangenen Jahren massiv Leser und Anzeigenkunden verloren haben, will DuMont sparen. Die einzige Möglichkeit, befand man im Kölner Verlag: Weniger Personal, Redaktionen zusammenlegen und die Inhalte für beide Zeitungen künftig aus einer Hand produzieren lassen.

Und diese Hand, sprich: die Journalisten und Layouter, die die Zeitungen künftig füllen sollen, die müssen sich nun neu bewerben. Klar ist schon: Nicht alle, die aktuell bei einer der beiden Zeitungen arbeiten, werden einen Job bekommen. 140 volle Stellen soll der Berliner Newsroom haben – das sind 50 weniger als bisher. 30 davon sind schon gesetzt durch Online- und Hauptstadtredaktion. Die restlichen 110 werden ausgeschrieben, auch extern.

„Das drückt die Stimmung“, sagt Frederik Bombosch, Redaktionsrat der Berliner Zeitung. „Wir gehen davon aus, dass ein großer Teil der neuen Kollegen von außen kommen wird.“ Dabei hätte Bombosch, der Lokalredakteur, womöglich keine schlechten Chancen. Immerhin könnte sein Ressort das zweitgrößte werden, heißt es aus Redaktionskreisen. 33 bis 35 Leute sollen künftig im Lokalen arbeiten.

Kollegen werden krank, ständig gibt es neue Gerüchte. Auch Verdi kritisiert die Informationspolitik von DuMont

Das News-Team, das Politik- und Wirtschaftsressort ersetzen soll, wird mit knapp 50 Mitarbeitern das größte. Knapp 15 Leute sollen die Unterhaltung bestücken, eine Mischung aus Kultur und Gesellschaft. Hinzu kommen kleinere Teams für Sport und Investigatives.

Was mit denen passiert, die im neuen Newsroom keine Stelle bekommen, ist noch unklar. Am Montag wollte die Geschäftsführung dem Betriebsrat einen Sozialplan vorlegen. Im Kern streiten beide Seiten darüber, ob die Berliner Newsroom GmbH ein Betriebsübergang oder eine Betriebsstilllegung ist. Bei einem Betriebsübergang, für den der Betriebsrat argumentiert, müssten alle bisherigen Mitarbeiter zu ihren bisherigen Konditionen übernommen werden. Der Verlag bestehe aber auf einer Betriebsstilllegung, was Kündigungen möglich machen würde, berichtet der Betriebsrat. Der Verlag äußert sich zu dieser Frage nicht.

Diese Unklarheit führt zu so absurden Situationen wie der, dass die beiden Zeitungen derzeit ohne Chefredakteure sind. Denn die, Jochen Arntz für die Berliner Zeitung und Elmar Jehn für den Kurier, sitzen mit ihrem dritten Chefkollegen, Thilo Knott, bereits in dem neuen Redaktionsgebäude in Kreuzberg. Drei Herren in leeren Hallen. Journalisten wollen sie dort vorerst nicht empfangen – auch nicht ihre eigenen. Die Redakteure sollen ihren Chef nicht kontaktieren, dafür wurden nun Redaktionsleiter eingesetzt, Satelliten der Chefredaktion.

Mitte Dezember sollen die ersten Redakteure aus dem alten Verlagshaus am Alexanderplatz umziehen, die Onliner und das Hauptstadtbüro. Wann die anderen Ressorts folgen, ist noch unklar. „Uns wurde gesagt, irgendwann zwischen Dezember und Juni“, sagt Bombosch. „So eine vage Aussage verunsichert viele. Sie fragen sich nun: Soll ich mich schon mal auf einen Job woanders bewerben? Ab wann könnte der losgehen? Und so weiter.“

Und diese Unsicherheit ist auf den Fluren der beiden Zeitungen zu spüren: Kollegen werden krank, ständig gibt es neue Gerüchte. Auch Verdi kritisiert die Informationspolitik von DuMont. Der Verlag spalte die Redaktion in zwei Hälften, sagt Verdi-Sprecher Jörg Reichel, in dem er unter der Hand einigen Redakteuren zusichere, dass sie in der neuen Redaktion dabei seien, anderen nicht. „Da wird eine ganze Belegschaft gedemütigt.“

Zu Personalangelegenheiten äußere man sich nicht, heißt es dazu offiziell aus dem Verlag. Dafür aber: Die Mitarbeiter würden immer dann mit Informationen versorgt, wenn es welche gebe.

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