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Ultrarechte bei Europawahl"Rechtsnationale" legen zu

Ultrarechte Parteien werden künftig mit mindestens 28 Abgeordneten im EU-Parlament vertreten sein. Doch die Chancen, eine Fraktion zu bilden, stehen schlecht.

Nicht zuletzt dank der "Ungarischen Garde" schaffte die Jobbik-Partei den Sprung ins EP. Bild: ap

Rechtsextreme Parteien haben bei den Europawahlen teilweise massive Stimmenzuwächse zu verzeichnen. So erreichte die ungarische Partei Jobbik auf Anhieb 14,7 Prozent der Stimmen und stellt drei Abgeordnete. Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) kam auf 13,1 Prozent der Stimmen. Sie erhält zwei Mandate, genauso wie die Groß-Rumänische Partei (PRM, 7,2 Prozent), die bulgarische Ataka (11,43 Prozent), der belgische Vlaams Belang (10,28 Prozent) und die britische Nationalpartei. Die französische Front Nationale wird drei (6,5 Prozent), die italienische Lega Nord acht (9,5 Prozent) sowie die holländische Partei der Freiheit (17 Prozent) vier Vertreter nach Brüssel schicken.

Gemeinsam kämen die Ultrarechten im zukünftigen EU-Parlament auf 28 Sitze. Das heißt, sie hätten genügend Mandate, um eine eigene Fraktion ins Leben zu rufen. Einen ersten derartigen Versuch hatte es im Januar 2007 mit der Gründung der Fraktion "Identität, Tradition, Souveränität" (ITS) gegeben. Diese zerbrach jedoch nach nur zehn Monaten an inneren Zwistigkeiten.

Die FPÖ signalisierte im Wahlkampf ihre Bereitschaft, mit der Lega Nord zusammenzuarbeiten. Die Gruppierungen verbindet die Idee, bestimmte regionalistische Bestrebungen zu unterstützen. Gleichzeitig lehnen beide einen "europäischen Superstaat" ab. In der in ihrem politischen Selbstverständnis verdammenswerten multikulturellen Gesellschaft erblicken sie einen "Bruch mit dem für den Menschen lebensnotwendigen Gleichgewicht". Aus diesem Grund lehnen sie prinzipiell den Bau von Moscheen in Westeuropa ab und sind gegen die Gründung islamischer Schulen.

Alle sogenannten rechtsnationalen Parteien sprechen sich für ein hartes Durchgreifen der Polizei gegenüber Kriminalität und illegaler Einwanderung aus. Dabei gibt es in den einzelnen Ländern Akzentverschiebungen, insbesondere wenn es um Immigranten aus muslimischen oder afrikanischen Ländern geht.

In Ungarn, Rumänien und Bulgarien richtet sich der Ruf nach einer gnadenlosen Verbrechensbekämpfung vor allem gegen Roma, die als die Schuldigen für die wachsende Kriminalität gebrandmarkt werden. Die ultrarechten Bulgaren und Rumänen wiederum werden sich kaum mit der holländischen PVV zusammentun, weil Geert Wilders sich seinerzeit gegen einen EU-Beitritt der beiden Balkanländer ausgesprochen hatte.

Aber auch zwischen den großrumänischen und den ungarischen Jobbik-Abgeordneten gibt es nur wenig Gemeinsamkeiten. Die rechtsradikalen Ungarn plädieren für eine weitgehende Autonomie der rumänienungarischen Minderheit, was die Großrumänen als Angriff auf die Existenz des einheitlichen Nationalstaates ansehen.

Eine Überwindung dieser Gegensätze innerhalb des rechtsnationalen Lagers ist kaum abzusehen. Dies dürfte eine Neuauflage einer rechtsradikalen Fraktion verhindern.

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5 Kommentare

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  • IN
    Ihr Name Reiner

    Viele Bürger in den osteuropäischen EU-Staaten fühlen sich verraten und verkauft! Von wem? Von der "europäischen Union" von den anonymen und realitätsfremden Bürokraten in Brüssel! Jahrzehntelang mußen sie ihre Erfahrungen mit dem Kommunismus sammeln. Dann, nach der Wende, hieß es plötzlich der Kommunismus ist böse und schlecht. Ihr müßt eure Länder auf Marktwirtschaft umstellen. Das taten sie dann auch. Und das Ergebnis: eine Krise wie es noch nie eine gab! Alles, was in diesen Ländern halbwegs von Wert war, oder zukunftsfähig erschien, ist inzwischen kapitalistischen Raubrittern in die Hände gefallen! Wir sollten uns daher nicht wundern, daß sie in ihren Ländern Politikern ihre Stimme gegeben haben, die ihre nationalen Interessen stärker wahrnehmen wollen als dies bisher geschehen ist.

  • G
    gki

    Kleiner Hinweis zur Präzisierung: Auf dem Bild ist nicht die "Ungarische Garde" zu sehen, sondern eine Neo-Pfeilkreuzler-Formation. Die "Ungarische Garde" trägt kein Oliv-Tarn mit Armbinde, sondern schwarze Westen, die vor allem an eine schlecht gemachte Trachtenshow erinnern (ganz rechts im Bild könnte einer von denen sein). Sie grenzt sich scharf von uniformierten Skinhead- und Kampftruppen ab und tut so, als wolle sie nur beim Hochwasserschutz helfen und den Bürgern ein Gefühl von Sicherheit vermitteln wollen. Aber es ist tatsächlich so, dass sie bisher niemandem etwas getan hat. Wer wirklich Menschen etwas zuleide tun will, zieht sich kein bescheuertes Kostüm an, sondern arbeitet verdeckt und sieht aus wie jedermann.

     

    Herr Grandmann: Ich weiß zwar nicht viel über Ethnologie, aber neulich habe ich gehört, dass es in Asien wohl auch so etwas wie Kultur gibt, und das schon relativ lange. Hier ist Ost-Mittel-Europa (oder so) halten alle den jeweiligen Nachbarn für "schmutzig und ethnisch inkompatibel", das hat leider historische Gründe. Aber die Mehrheit der Bevölkerung arbeitet daran, da kann uns auch Jobbik oder die Großrumänienpartei nichts anhaben. Ach so: Was ist eigentlich "ethnisch inkompatibel" genau?

  • N
    Neukölln

    die werden auch abgesehen von ihren "inhaltlichen" differenzen schwierigkeiten haben, eine fraktion zu bilden. ich sage nur fremdsprachen - trotz der ganzen übersetzungen ist man doch nicht wirklich bewegungsfrei, wenn man keine fremdsprache beherrscht. ich frage mich ohnehin, wie diese hohlköpfe das polyglotte und weltfrauische EU klima ertragen.

  • V
    vic

    "Rechtsnationale" im EU-Parlament

    Auch ein Grund, weshalb ich kein EU-Palament möchte.

  • MG
    Marco Grandmann

    Vielleicht haben die Ungarn recht.Westeuropa ist ja nun einmal mit wenigen Ausnahmen Indoeuropaeisch seit Urzeiten. Wenn man Geschichte und gemeinsame kulturelle und ethnologische Wurzeln sieht, sind Zigeuner und Ungarn nun wirklich nicht kompatibel. Nur : wo wollen alle diese Ungarn hin? Zurueck in ihre Zentralasiatische Heimat? Es ist schoen, dass die Ungarn den indoeuropaeischen Zigeunern das Land ueberlassen wollen aber eigentlich nicht noetig, die wuerden gern teilen.Und es wuerde ja auch einen negativen Praezedenzfall schaffen in Bezug auf ebenfalls asiatische Finnen und Estonen. Es waere zu bezweifeln ob die Uiguren und Mongolen die Voelker alle gern zurueckhaben wollen. Also liebe Ungarn, keine Panik. Mit ein wenig Muehe und besserem Verhalten lassen Euch die Roma schon in Ruhe in Euren Wellblechhuetten hausen und um Eure Subsistenz betteln .Uebrigens: habt Ihr gewusst, dass Eure Nachbarn die Indoeuropaeischen Rumaenen Euch in Euren Enklaven in Rumaenien als schmutzig und ethnisch inkompatibel betrachten? Ist da was dran?