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Ukraine will Atommacht bleiben – vorerst

■ Start-I-Vertrag gegen den Willen von Präsident Krawtschuk ratifiziert

Kiew (dpa/taz) – Mit 254 gegen sechs Stimmen haben die Abgeordneten des ukrainischen Parlamentes am Donnerstag den „Vertrag über die Reduzierung strategischer Atomwaffen“ (Start-I) ratifiziert. Die Bedingungen aber, an die die Abgeordneten in Kiew die Umsetzung geknüpft haben, schieben praktische Abrüstungsschritte zunächst in weite Ferne. Start-I sieht einen Abbau der Atompotentiale um etwa ein Drittel innerhalb von sieben Jahren vor. Der Vertrag war 1991 zwischen den USA und der Sowjetunion vereinbart worden. Die Ukraine war Start-I bisher als einziger atomarer SU-Nachfolgestaat nicht beigeteten.

„Wenn wir die Zahlen festlegen, erklären wir uns zu einer Nuklearmacht“, erklärte Präsident Leonid Krawtschuk, der gegenüber dem Ausland stets beteuert hatte, die Ukraine wolle atomwaffenfrei werden. Der Präsident, sein Außenminister Anatoli Slenko und der für den Rüstungskomplex zuständige Vizeregierungschef Waleri Schmarow stimmten folglich mit sechs weiteren Abgeordneten gegen die Start-I-Ratifizierung.

Als Voraussetzung für die Umsetzung des Start-Vertragswerkes fordert das ukrainische Parlament Garantien dafür, daß keine andere Atommacht Nuklear- oder konventionelle Waffen gegen sie einsetzt oder ihre territoriale Unversehrtheit bedroht. Außerdem verlangen die Kiewer Abgeordneten einen Ausgleich für die im Mai 1992 nach Rußland abgezogenen taktischen Atomwaffen. Erst dann werde die Start-I-Ratifizierung in Kraft treten. „Die Ukraine will kein Nuklearstaat sein“, so der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses, Dmitro Pawlitschko, nach dem Parlamtentsbeschluß, „aber unter den gegenwärtigen Bedingungungen muß sie auf dem Weg zum nuklearfreien Status über den Atomstatus gehen“. Außenminister Slenko kommentierte die Niederlage für den Präsidenten und sich selbst mit den Worten: „Dies ist die Position des Parlaments.“

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