Überwachung in China: KP will "Management der Gesellschaft"
Mit einer nationalen Datenbank, Millionen Kameras und viel Geld plant die KP, die Gesellschaft "besser zu managen". Unruhen sollen frühzeitig verhindert werden.
PEKING taz | Chinas KP will die 1,34 Milliarden Einwohner stärker kontrollieren. Persönliche Informationen eines jeden Bürgers sollen in einer nationalen Datenbank gespeichert werden. Dazu gehören nicht nur Name, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Geburtsdatum, ständige Anschrift, Kennziffer und Foto, sondern auch Erkenntnisse der Familienplanungs-, Steuer- und Schulbehörden.
Das hat jetzt der Chef der chinesischen Polizei und Geheimdienste, Zhou Yongkang, vorgeschlagen. Zhou gehört dem Ständigen Ausschuss des Politbüros an und ist damit einer der neun mächtigsten Männer Chinas. Die Datensammlung solle dazu beitragen, die vielen Probleme Chinas besser in den Griff zu bekommen, die von Jahr zu Jahr komplexer würden. Besondere Sorge macht dem Funktionär die große Kluft im Einkommen und beim wirtschaftlichen Fortschritt zwischen Stadt und Land und einzelnen Regionen Chinas.
Ein neues System für das "Management der Gesellschaft" sei daher dringend nötig, erklärte Zhou. Diesen neutral klingende Begriff hat Staats- und KP-Chef Hu Jintao im Frühjahr als neues Schlagwort eingeführt. Dahinter steckt der Versuch der chinesischen Regierung, die Stabilität zu wahren, Dissidenten frühzeitig zu orten und Unruhen möglichst im Keim zu ersticken.
Die "Jasmin"-Bewegungen in Ägypten und anderen Staaten des Nahen Ostens haben die Furcht vor organisierten Protesten noch verstärkt. Mit mehr Informationen über einzelne Bürger erhofft sich die KP nicht nur, Konflikte früher zu erkennen, sondern auch potenzielle Regimekritiker schneller identifizieren zu können.
Nach dem bislang geltenden Hukou-System müssen sich die Chinesen in der Regel in ihrem Geburtsort oder dem ihrer Eltern melden, wo ihre Akte mit persönlichen Informationen aufbewahrt wird. Viele Chinesen sind aber in den vergangenen Jahren umgezogen - und deshalb für die Behörden schwer zu überprüfen.
Im März hatte die chinesische Regierung bereits das Budget für die Innere Sicherheit für das Jahr 2011 um 13,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf knapp 65 Milliarden Euro erhöht. Die Sicherheitsorgane wie auch die Gerichte erhalten damit erstmals mehr Geld als das Militär. Schon jetzt überzieht die Polizei Städte und Krisenregionen wie Tibet und Xinjiang mit einem dichten Netz von Überwachungskameras, mit deren Hilfe sie unter anderem die Eingänge von Klöstern und Moscheen beobachtet.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Jugend im Wahlkampf
Schluss mit dem Generationengelaber!
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens