: Überraschende Kehrtwende Walesas
Warschau (afp/taz) - Lech Walesa, Vorsitzender der Gewerkschaft Solidarnosc, hat in seiner „Schlacht von oben“ um eine Beschleunigung der politischen und ökonomischen Reformen eine spektakuläre Kehrtwende vollzogen. Trat er und die von ihm inspirierte Zentrumsallianz bisher dafür ein, daß nach dem Rücktritt General Jaruzeslkis baldmöglichst ein neuer Präsident - nämlich er selbst - durchs Parlament gewählt werden sollte, so ist er jetzt für die direkte Präsidentenwahl durchs Volk. Damit hat der Gewerkschaftsführer eine Hauptforderung der Gruppe „Demokratische Aktion (ROAD)“ übernommen, die Ministerpräsident Mazowiecki nahesteht. Walesa ist für eine starke verfassungsmässige Stellung des Präsidenten, während ROAD ihn mehr in einer vermittelnden Rolle sieht. Die Präsidenten wie die Parlamentswahlen sollen noch in diesem Herbst stattfinden. Es ist möglich, daß Walesa gegen Mazowiecki antreten wird. Walesa, der in den vergangenen Monaten seine heutigen Gegner und ehemaligen Kampfgenossen nicht geschont hatte, rief angesichts des bevorstehenden Wahlkampfs zu Toleranz und politischer Kultur auf. Persönliche Angriffe sollten eingestellt werden. Hauptthema des Wahlkampfs wird der Streit zwischen einem „sanften“ und einem „radikalen“ Übergang zur Marktwirtschaft sein - und die Frage, ob Ex-Kommunisten integriert oder ausgegrenzt werden sollen.
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