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Archiv-Artikel

Über das fotografische Potenzial mache ich mir keine Sorgen...

taz: Gedächtnis einer Region sein zu wollen, setzt eigentlich Neutralität voraus. Gibt es in der Jury Abhängigkeiten jenseits von Ästhetik?

Peter Liedtke: Die Jury hat die Aufgabe, Fotoserien aus der Menge der inhaltlich und ästhetisch interessanten Arbeiten auszuwählen, die in ihrer Qualität und Intensität hervorstechen. Qualität und Originalität sind die obersten Kriterien. Da aber jede Jury aus Personen besteht, haben diese natürlich auch gewisse Werte und Vorlieben. Deshalb wurde die Jury über die reine Fotokompetenz mit Kunst- und vor allem Regionalkompetenz besetzt. Auch hier liegt in dem Nebeneinander verschiedener Zugänge ein relativ hohes Maß an Neutralität. Ein scheindemokratisches Aufnehmen aller Arbeiten wäre im Gegensatz zu einer Jurylösung ein Weg ins Chaos und wertlos.

Es mag an einigen Stellen täuschen, dass es viele Serien zur Industriegeschichte – dem Alleinstellungsmerkmal der Region Ruhrgebiet gibt. Tatsache ist aber, dass es kaum Bewerbungen gibt, die die Innovationskraft der Region zeigen. Wahrscheinlich ist aber, das es lediglich einfacher ist ein verrostetes Hüttenwerk zu betreten und zu fotografieren, als eine Solarzellenfabrik oder ein biologisches Versuchslabor. Wenn Unternehmen sich fotografieren lassen, behalten sie in der Regel die Hand auf den Veröffentlichungen. Die Jury würde sich jedenfalls ein mehr an „Zukunftsbildern“ wünschen. Aber die Internetseite sammelt nun mal, womit sich Fotografen auseinander gesetzt haben oder aktuell auseinander setzen und ist somit auch Spiegel seiner Zeit.

Wie soll, außer der Implantierung internationaler Fotografen ins System, ein nationaler, europäischer, internationaler Kontext hergestellt werden?

Wir haben mit den amerikanischen Fotografen Duane Michals und Leonard Freed (Magnum) zwei internationale Größen in das Projekt bekommen. Aber mit den deutschen Fotografen Joachim Brohm, Jitka Hanzlová und Knut Wolfgang Maron spielten wir auch schon im letzten Jahr in der ersten Liga. Der internationale Kontext muss dadurch auch nicht erst hergestellt werden. Er besteht bereits auf zwei Ebenen: Das Ruhrgebiet steht im Mittelpunkt eines gewachsenen internationalen Interesses. Weltweit stehen Menschen vor der Frage, wie mit den Hinterlassenschaften schier grenzenloser ungehemmter Industrialisierung umgegangen werden kann und muss. Im Ruhrgebiet sind wir an vielen Stellen anderen Regionen weit voraus.Die Internationale Bauausstellung IBA Emscherpark hat über 10 Jahre ein riesiges Versuchslaboratorium des Wandels ohne Wachstum einer alten Industrieregion durchgeführt. Tetraeder Bottrop, Gasometer Oberhausen, Land–