Udo Nagel, vom Innensenator zum Menschenjäger : Knusperflocke im Visier
■ 58, war Polizeipräsident und Innensenator in Hamburg und moderiert bei RTL II das Format „Tatort Internet“. Foto: dpa
Wenn Udo Nagel am Montagabend mit tiefer Stimme, bayrischem Akzent und erhobenem Zeigefinger den nächsten Fall ankündigt, klingt es geheimnisvoll. Zusammen mit Co-Moderatorin und Minister-Gattin Stephanie zu Guttenberg bläst er mit versteckter Kamera und seinem „Tatort Internet“-Rechercheteam auf RTL II zur Pädophilen-Jagd. Seine Zielobjekte: mutmaßlich pädophile Erwachsene, die sich wie der User „Knusperflocke“, im Chat an vermeintlich Minderjährige heranmachen.
Die Jagd auf Menschen gehört zu Nagels Biografie – jedoch Selbstjustiz war ihm zu Anfang fremd. Nach 32 Jahren bei der Münchner Polizei ist der damals 50-jährige Kriminalbeamte 2002 vom rechtspopulistischen Innensenator Ronald Schill an die Elbe gelockt worden. Er galt als Chef der Münchner Mordkommission als „Mister 100 Prozent“, was die Aufklärungsquote angeht. Als Schill nach seinen Eskapaden die Rote Karte bekam, und die Schillpartei aus der Koalition katapultiert wurde, stieg der parteilose, permanente Pfeifenraucher Nagel im CDU-Senat zum Innensenator auf. Doch als sich die schwarze Regierung grün färbte, galt der stets gut gebräunte Nagel nicht mehr als kompatibel. 2005 hatte er sich ins Abseits gesetzt, als er nach einer Kurz-Visite in Kabul Afghanistan für sicher erklärte und alle Afghanen aus Hamburg abschieben wollte.
Doch zu Ruhe gesetzt hat sich Nagel seither nicht, der Kriminalistik ist er treu geblieben – wenn auch auf der anderen Seite. So ist er neben seinen Fernsehauftritten als Pädophilen-Fahnder Teilhaber der Münchner Sicherheitsfirma Prevent, die auch eine Dependance in Hamburg besitzt und zu der er den Top-Ermittler Thorsten Mehles geholt hat, einst Chef des Dezernats Organisierte Kriminalität der Hamburger Polizei und Koordinator beim deutschen Auslandsgeheimdienst BND.
Und siehe da. Plötzlich steht auch Nagel im Visier der Polizei. Prevent steht unter dem Verdacht, als privatdetektivischer Dienstleister für die HSH-Nordbank als Saubermann der Branche die Grenzen von Moral und Legalität überschritten zu haben, um unliebsame Manager loszuwerden. KVA