USA will enttarnten Spitzel aus Kuba zurück: Schwieriger Agententausch
Erstmals erwägt Washington einen Austausch von Spitzeln mit Kuba. Doch Havanna lehnt das Angebot ab. Der amerikanische Spion habe Kuba destabilisieren wollen.
BERLIN taz | Neuer Pragmatismus im State Department? Gestern wurde bekannt, dass US-Funktionäre eine Woche nach der Haftentlassung des kubanischen Spions René González ihren Kollegen in Havanna einen Deal vorgeschlagen haben: einen Austausch von René González, der laut einem Urteil noch drei Jahre auf Bewährung in den USA verbringen muss, gegen Alan Gross. Das berichtet die Nachrichtenagentur Associated Press unter Berufung auf anonyme Quellen aus der US-Administration.
Gross war im April von einem kubanischen Gericht zu 15 Jahren Haft wegen "Vergehen gegen die Unabhängigkeit und Integrität des Staates" verurteilt worden und sitzt in einer Zelle im Militärhospital Marianao in Havanna. Den Mann, der im Auftrag des State Departments in Kuba im Einsatz war, will die US-Regierung freibekommen. Nachdem die Forderung, Gross aus "humanitären Gründen" freizulassen, nicht fruchtete, haben die US-Unterhändler erstmals grünes Licht aus dem Weißen Haus, Havanna etwas anzubieten.
Allerdings ist dieses erste Angebot beschämend. Denn einen gerade auf Bewährung freigelassenen Spion gegen einen frisch zu 15 Jahren Haft verurteilten Spitzel auszutauschen, klingt nach einem schlechten Geschäft. Folgerichtig haben die Kubaner, so ist es aus dem State Department durchgesickert, abgelehnt.
Computer und Telefone für die jüdische Gemeinde
Unklar ist jedoch, ob Havanna an einem Austausch von Alan Gross gegen einen oder mehrere der Cuban Five, die seit 1998 in US-Gefängnissen sitzen, überhaupt interessiert ist. Das hat der kubanische Botschafter in Berlin, Raúl Becerra Egaña, Mitte September durchblicken lassen.
Der Fall der "Fünf" sei nicht mit dem von Alan Gross vergleichbar, da es Aufgabe der kubanischen Spione gewesen sei, Anschläge von exilkubanischen Organisationen aufzudecken. Sie hätten nichts gegen die USA unternommen. Gross habe hingegen, finanziert von einer US-Einrichtung, die kubanische Gesellschaft destabilisieren wollen.
Aus Sicht der kubanischen Regierung ist das ein grundlegender Unterschied. Ob der einem Austausch im Wege steht, ist zu bezweifeln, doch dazu ist ein vernünftiges Angebot aus Washington wohl Voraussetzung. Unstrittig ist auch in den US-Medien, dass Alan Gross in Kuba undercover unterwegs war. Dort soll er die 1.500 Köpfe zählende jüdische Gemeinde mit Satellitentelefonen und Computerequipment versorgt haben – im Rahmen eines Auftrags über 6 Millionen US-Dollar aus dem State Department.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“