: USA beseitigen Teil von McCarthys Erblast
■ In den USA werden „politische Grenzzäune“ eingerissen / Erste Aufweichung eines Relikts aus der McCarthy-Zeit: Einreise- und Aufenthaltserleichterungen für Ausländer / Der „McCarran-Walter-Act“ soll bis 1989 endgültig reformiert werden
Washington (dpa) – Der amerikanische Kongreß hat damit begonnen, eine Erblast aus der Ära des militanten Antikommunismus abzutragen. Im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung wurde nun entschieden, daß Ausländern nicht länger allein wegen ihrer politischen Überzeugung die Einreise oder das Aufenthaltsrecht verweigert werden kann.
Die Regelung gilt zunächst befristet bis Ende Februar 1989. Bis dahin hoffen die Reformer, die fragwürdigen Regelungen eines Gesetzes, das in den fünfziger Jahren eine Stütze der „Kommunistenjagd“ unter Senator Joseph McCarthy war, für immer zu beseitigen.
Der sogenannte McCarran- Walter Act war 1952 Teil des Einwanderungsgesetzes geworden, obwohl Präsident Harry S. Truman sein Veto eingelegt hatte. Das Gesetz enthält zahlreiche umstrittene Vorschriften, darunter Einreiseverbote für „Ausländer, die in die USA kommen, um unmoralische sexuelle Handlungen vorzunehmen“, für Anarchisten und Analphabeten.
Keine hat jedoch für derlei Schlagzeilen gesorgt wie die antikommunistischen Regelungen. Nach dem Gesetz genügten die Mitgliedschaft in einer Kommunistischen Partei und die Verbreitung kommunistischen Gedan kengutes, um einen Visumsantrag abzulehnen oder einen Menschen zu deportieren.
„In den vergangenen 35 Jahren sind eine große Zahl bekannter Politiker, Autoren, Akademiker, Journalisten und Künstler wie auch Tausende normaler Bürger fremder Länder daran gehindert worden, dies Land zu betreten...“, berichteten die parlamentarischen Reformer, oder sie hätten sich seit einer Teiländerung 1977 einer Art hochnotpeinlichem Verhör als Voraussetzung für die Einreise unterziehen müssen. „Seit das Gesetz im Fieber der McCarthy-Zeit verabschiedet wurde, gab es jährlich einen Skandal,“ erklärte der New Yorker Senator Daniel Patrick Moynihan.
Zu den Prominenten, für die das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zeitweilig verschlossen blieb, gehören der Literatur-Nobelpreisträger Gabriel Garcia Marquez, der frühere kanadische Ministerpräsident Pierre Elliot Trudeau, der Schriftsteller Graham Greene und der italienische General Nino Pasti, ein früherer hoher NATO-Militär.
Die Reform soll unterbinden, daß Ausländer wegen Überzeugungen und Meinungsäußerungen, die amerikanischen Staatsbürgern laut Verfassung garantiert sind, ab- oder ausgewiesen werden. Sie schließt aus, einer Person die Einreise wegen „irgendwelcher vergangener, jetziger oder unterstellter Ansichten, Erklärungen oder (Partei-)zugehörigkeiten“ zu untersagen.
Allerdings gibt es wichtige Ausnahmen. Es wird auch weiterhin kein Pardon für Personen geben, die sich als Täter, Helfer oder Schreibtischtäter nationalsozialistischer Verbrechen schuldig gemacht haben. Ausgeschlossen ist auch jeder, „der Mitglied, Offizier, Offizieller, Repräsentant oder Sprecher der (Palästinensischen Befreiungsorganisation) PLO ist“.
Außerdem sollen weiterhin die offiziellen Abgesandten „sogenannter Arbeitnehmerorganisationen eines Landes (abgewiesen werden), in dem solche Organisationen tatsächlich Instrumente eines totalitären Staates sind“. Diese Vorschrift richtet sich überwiegend gegen Angehörige kommunistischer Gewerkschaften.
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