: USA: Chilenischer Geheimdienstler packt aus
■ Mordfall an früherem Botschafter Allendes in den USA, Letelier, soll neu aufgerollt werden / Ex–Geheimdienstmann Fernandez konnte sich in die USA absetzen / Ihm drohen zehn Jahre Haft / US–Botschafter in Santiago de Chile fordert Auslieferung der beiden Mitschuldigen
Berlin (dpa/wps/taz) - Ein des Mordes beschuldigter Ex–Offizier des chilenischen Geheimdienstes will über das Attentat auf den früheren chilenischen Botschafter in den USA (1976), Orlando Letelier, in Washington aussagen. Das amerikanische Außenministerium bestätigte, daß der Offizier, Armando Fernandez, als Gegenleistung unter den besonderen Schutz der US–Behörden gestellt wurde. Seine Familie habe ihn überredet, sich den US– Behörden zu stellen und eine neue Identität anzunehmen. Vor dem Bundesgerichtshof in Washington beschuldigte Fernandez zwei ehemalige Vorgesetzte der Mittäter schaft. Es handelt sich um General Manuel Contreras, den ehemaligen Chef des früheren chilenischen Geheimdienstes DINA, und Oberleutnant Pedro Espinoza Bravo, der die DINA–Operation in Washington leitete. Der US–Botschafter in Santiago forderte die chilenische Regierung am Mittwoch auf, Contreras und Espinoza auszuliefern. Fernandez erklärte, er habe seit langem versucht, in die USA zu gelangen. Nach Aussage seines Anwalts habe er als Offizier unter Reisebeschränkungen gestanden. Außerdem habe er erst kürzlich der Überwachung entgehen können. Die Behörden weigerten sich, Einzelheiten über Fernandez Flucht zu schildern. Quellen aus den USA zufolge begann das Unternehmen mit Geheimtreffen zwischen US–Behörden und Fernandez in Chile. Um weitere Fragen zu klären, soll Fernandez letzten Monat nach Brasilien gefahren sein. Anschließend sei er nach New York geflogen. Eine FBI–Maschine brachte ihn letzten Samstag nun nach Washington. Der „Fall Letelier“ begann vor elf Jahren. Am 21. September 1976 wurden Letelier und ein amerikanischer Mitarbeiter von einer Autobombe getötet. Letelier, der von 1971 bis 1973 Botschafter der sozialistischen Regierung Al lende in Washington war, galt als einer der Hauptgegner des Pinochet–Regimes. Im Zuge der Ermittlungen beantragte 1979 die US–Justiz, die Beteiligten Contreras, Espinoza, Fernandez und Michael V. Townley, ein in DINA– Diensten stehenden Amerikaner, auszuliefern. Lediglich Townley, der gestand, die Bombe angebracht zu haben, wurde den US– Behörden übergeben. Er wurde zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Contreras wurde bereits 1978 als Chef der DINA abgesetzt. Diese wurde noch im selben Jahre umstrukturiert und in CNI umbenannt. Fernandez erläuterte jetzt vor dem Bundesgericht, welche Rolle er bei der Ermordung Leteliers spielte. Im August 1976 habe ihn Espinoza angewiesen, zusammen mit einer Frau unter falschem Namen nach New York zu fliegen. Dort habe er über das „Institut für Politische Studien“, an dem Letelier arbeitete, dessen Adresse herausbekommen. Er habe dann die Umgebung ausgekundschaftet. Espinoza habe ihn dann telefonisch angewiesen, sich mit Townley am 9. September zu treffen. Diesem habe er Details über Leteliers Aufenthalt geschildert. Außerdem habe Townley Landkarten und 500 Dollar erhalten. Er selber sei kurz darauf nach Chile zurückgekehrt, da sein Vater im Krankenhaus lag. Am 21. September habe ihm Espinoza gesagt: „Letelier ist von der Opposition umgebracht worden - genau so sollst du es sagen. sevy
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