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US-ZeitungskriseWerktags gibt es die Zeitung nur online

Als erste überregionale US-Zeitung stellt der Christian Science Monitor seine Werktagsdruckausgabe ein. Publiziert wird nur noch online – und in einer Magazinausgabe am Wochenende.

Seit einem Jahrhundert gibt es jetzt den Christian Science Monitor. Bild: ap

WASHINGTON taz Als erste überregionale Zeitung der USA wird der in Boston herausgegebene Christian Science Monitor ab April kommenden Jahres werktags nur noch online erscheinen. Die Druckausgabe, deren Auflage nach Angaben der Zeitung von über 200.000 Exemplaren 1970 auf derzeit 52.000 gesunken ist, wird eingestellt. Lediglich am Wochenende soll eine umfangreiche Printausgabe erscheinen. An Werktagen soll neben der ständig aktualisierten Website auch eine elektronische PDF-Ausgabe per E-mail an Abonnenten verschickt werden.

Das birgt Risiken: Die bislang drei bis fünf Millionen monatliche Seitenaufrufe unter dem Internetlink www.csmonitor.com reichen bei weitem nicht aus, um die Werbeeinnahmen aus dem Online-Geschäft auch nur in die Nähe der Kostendeckung zu bringen. Und ob die Steigerung der Page Views auf 20 bis 30 Millionen klappt wie geplant, muss zunächst offen bleiben.

Die derzeitige Erlösstruktur des Monitor ist online kaum zu machen: Von den lediglich rund 10 Millionen US-Dollar Jahresumsatz der Printausgabe stammen derzeit rund 9 Millionen aus dem Abonnement - und nur etwa 1 Million aus dem Anzeigengeschäft. Die Bereitschaft aber, für online-Inhalte zu zahlen, ist gering. Das musste selbst die ungleich größere New York Times erfahren, die im September 2007 ihren zwei Jahre zuvor gestarteten Versuch, den Zugang zu Archiv und Kolumnen-Texten kostenpflichtig zu machen, wieder einstellte.

Zwar erhofft sich der Christian Science Monitor, der im vergangenen Haushaltsjahr umgerechnet rund 15 Millionen Euro Verlust eingefahren hat, durch den Wegfall von Druck- und Vertriebskosten erhebliche Einsparungen. Sowohl bei den zur Zeit 30 VerlagsmitarbeiterInnen als auch in der 95köpfigen Redaktion soll es nach Angaben von Herausgeber John Yemma Reduzierungen geben, sobald der Übergang von Print zu online abgeschlossen ist.

Immerhin erhofft sich der Monitor eine deutliche inhaltliche Verbesserung. Zur Zeit hat die im Tabloidformat erscheinende Zeitung mit ihren langwierigen überregionalen Vertriebsstrukturen die unmögliche Andruckzeit von 12 Uhr mittags – auf die meisten Ereignisse des Tages kann sie daher nicht mehr reagieren. Die Website soll nun als echte Nachrichtenseite die Stärken des Monitor insbesondere in der Auslandsberichterstattung voll und aktuell zur Geltung bringen. Hintergrundberichte und Reportagen aus dem Ausland, vor allem aus dem Nahen Osten, haben dem Monitor einen exzellenten Ruf und bislang sieben Pulitzer-Preise eingetragen.

Mit der gedruckten Wochenendausgabe, die zum Preis von 3,50 US-Dollar vertrieben werden soll, will der Monitor diejenigen LeserInnen binden, die auf bedrucktes Papier nicht verzichten wollen und jene neue erschließen, die nur am Wochenende Zeit für hintergründigere, längere Artikel aufbringen können. Denn von den Abokündigern, so Jonathan Wells vom Monitor, seien stets zwei Gründe für die Abbestellung zu hören: Sie hätten keine Zeit zum Lesen und das Produkt sei ihnen zu teuer.

Am 25. November feiert der Christian Science Monitor seinen 100. Geburtstag. 1908 von Mary Baker Eddy ins Leben gerufen, gehört die Zeitung bis heute der ebenfalls von Eddy gegründeten Christian-Science-Kirche. Die übt zwar auf die unabhängig agierende Redaktion keinen inhaltlichen Einfluss aus, macht den Monitor aber im Unterschied zu den meisten Medienprodukten zur non-profit-Organisation. Nicht zuletzt deshalb meint der Monitor, jetzt Avantgarde sein zu können: „Wir haben den Luxus – die Möglichkeit – einen Schritt zu wagen, den in den nächsten fünf Jahren die meisten Zeitungen werden gehen müssen,“ sagt Herausgeber Yemma. Allzu lange Zeit hat der Monitor allerdings nicht, um das neue Format zu etablieren: Die Christian-Science-Kirche plant, die Subventionen für den Monitor innerhalb der nächsten Jahre von rund 12 Millionen Dollar jährlich auf vier Millionen zu senken.

Tatsächlich steckt die Printbranche in den USA in einer tiefen Krise. 4,6 Prozent Auflage haben die Zeitungen zusammengenommen allein zwischen März und September 2008 verloren – und das in einem historischen Wahljahr mit einer erwarteten Rekordwahlbeteiligung am kommenden Dienstag.

Noch ist es für die meisten Printprodukte zu früh, den Schritt des Monitor mitzugehen. Rund 92 Prozent der Umsätze der Zeitungen, zitiert die New York Times die „Newspaper Association of America“ werden derzeit noch mit dem Printgeschäft erzielt. Wie lange diese Umsätze aber noch ausreichen, darüber herrscht in der Branche großes Rätselraten.

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