US-Vorwahl in New Hampshire: Clinton besiegt Obama
Hillary Clinton feiert ein Comeback - überraschend setzt sie sich gegen ihren Konkurrenten Obama durch. Auch Republikaner-Veteran John McCain ist zurück im Rennen.
WASHINGTON taz Eine Überraschung und zwei Comebacks - das ist die Bilanz der aufregenden Wahlnacht im US-Bundesstaat New Hampshire. Während sie im Wahlkampfteam der beiden Rivalen Hillary Clinton und Barack Obama noch fest die Daumen drückten, feierte John McCain, der betagte republikanische Senator aus Arizona, schon seinen souveränen 37-Prozent Sieg - und damit eine Wiederauferstehung als Präsidentschaftsbewerber.
Die Überraschung war das Kopf-an-Kopf-Rennen von Obama und Hillary Clinton, das sich nach der Schließung der Wahllokale noch stundenlang hinzog. Schließlich siegte Clinton mit 39 Prozentpunkten und feierte triumphal ihr Comeback. Obama erhielt lediglich 36 Prozent der Wählerstimmen, ihr Konkurrent John Edwards erzielte nur 17 Prozent.
Laut Umfragen vom Wochenende und von Montag hätte der schwarze Senator aus Illinois eigentlich einen bequemen 10-Punkte-Vorsprung vor Hillary Clinton gehabt. Die Senatorin aus New York hatte am vergangenen Donnerstag in Vorwahl-Staat Iowa eine empfindliche Niederlage gegen Obama erlitten. Geknickt und deprimiert hatte Hillary noch am Montag während eines Interviews mit den Tränen gekämpft - eine bislang an der Politikerin selten gesehene Gefühlsregung. Genau diese neue Seite, die Hillary in New Hampshire auf einmal zeigte, soll ihr dieses Mal die nötige Unterstützung vor allem von Wählerinnnen gebracht haben.
"Lasst uns zusammen Amerika zu einem Comeback verhelfen, so wie New Hampshire mir zu einem Comeback verholfen hat", rief eine überglückliche Hillary Clinton am späten Abend ihren jubelnden Fans zu. Von Müdigkeit und Erschöpfung, die noch am Tag zuvor deutlich sichtbar gewesen waren, keine Spur. "Ich möchte eine Präsidentin werden, die das Volk an die erste Stelle setzt", rief Clinton unter Jubel und demonstrierte in der Dankesrede sogleich ihre runderneuerte Rhetorik. "Ich habe in New Hampshire zugehört und dabei meine eigene Stimme gefunden", sagte sie und erklärte damit eloquent ihren neuen Wahlkampfstil. Nach der bitteren Niederlage in Iowa vor fünf Tagen hatte die Senatorin ihre Strategie gründlich überarbeiten lassen.
Kurz vor ihrer Rede hatte Obama der Überraschungssiegerin des Abends zum "hart erfochtenen Sieg" gratuliert. Selbst wenn der Senkrechtstarter Obama enttäuscht gewesen sein soll, war es ihm nicht anzusehen. Im Gegenteil. Seine Rede an die Obama-Fans klang wie die eines Siegers - lediglich mit dem geänderten Vorspann des Glückwunsches an Hillary. Er sei nach wie vor "Feuer und Flamme", versicherte der 46-Jährige unter lautem Jubel seinen Anhängern. "Ich bin bereit loszulegen und weiterzumachen." Er rief das Publikum auf, mit ihm "das Land in eine fundamental andere Richtung zu steuern. Es gibt kein Problem, das wir nicht lösen können."
Er sei zwar zu alt, um als Comeback-"Kid" bezeichnet zu werden, scherzte der 71-Jährige John Mccain in der Stadt Nashua vor seinen Fans. "Aber wir haben dem Land gezeigt, was ein echtes Comeback ist." Die Fans gaben ihm recht und skandierten immer wieder: "Mac is back, Mac is back"
Doch John McCain hat sein Sieg hart erarbeitet. Nachdem seine Präsidentschafts-Kampagne im vergangenen Sommer zu scheitern drohte, hatten die US-Medien ihn schon abgeschrieben. Ohne ausreichende finanzielle Mittel, entschied sich McCain vor einem halben Jahr dafür, alles aufs selbe Pferd zu setzten. Er konzentrierte sich nahezu ausschließlich auf New Hampshire, um seine Ressourcen zu schonen. Nach den polarisierenden Bush-Jahren bediente er konsequent die Sehnsucht der Republikaner nach Kompetenz in der Außen- und Sicherheitspolitik, in der er mehr Erfahrung hat als alle seine republikanischen Mitbewerber.
Nach der Irak-Invasion 2003 hatte sich McCain, der Vietnamkriegs-Veteran, mutig gegen die eigene Partei gestellt: Die Strategie gehe nicht auf, die Zahl der US-Soldaten im Irak sei zu niedrig. Erst vor einem Jahr folgte Bush dem Vorschlag Mccains und stockte die Truppen auf. Seitdem hat sich die Lage dort beruhigt. Ebenfalls eine riskante Strategie, trat McCain in New Hampshire als Mann mit Prinzipien auf. Er wolle an dem unpopulären Einsatz im Irak festhalten, sagte er dem Publkum.
Mit einem beachtlichen Vorsprung von 37 Prozent Zustimmung vor seinem Rivalen Mitt Romney mit 32 Prozent, läßt es sich für McCains "Straight Talk-Express" gut weiterfahren. Mit diesem sogenannten "Tacheles-Bus" war McCain bereits im Wahljahr 2000 durch New Hampshire getourt, so erfolgreich, dass er damals in dem kleinen Bundesstaat glatt gegen George W. Bush gewonnen hatte. Problematisch, sagen viele Kommentatoren, ist sein fortgeschrittenes Alter. Gegen seine ebenfalls keineswegs jugendlichen Rivalen Mitt Romney und Rudy Giuliani, wirkt McCain schlicht alt. Anstatt sich darüber Gedanken zu machen, kündigte der ehemalige Kampfpilot noch am Wahlabend an, nun fest die nächsten Vorwahlstaaten Michigan und Nevada im Visier zu haben. In Michigan, Romneys Heimatstaat, will McCain den Mormonen kommenden Dienstag zur Strecke bringen. Ihn dürfte dort ein spannendes Kopf-and Kopf-Rennen erwarten, denn Romney kann dort mit vielen Sympathisanten rechnen, die sich gerne an seinen Vater, den zweimaligen Gouverneur von Michigan, erinnern. Wie großartig McCains Comeback tatsächlich ist, das wird sich daher schon in einer Woche zeigen.
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