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US-Parlamentarier bedienen sich selbst

Über dreihundert ehemalige und amtierende Abgeordnete zahlten mit ungedeckten Schecks bei der kongreßeigenen Bank/ Enthüllungen und reuevolle Auftritte  ■ Aus Washington Martina Sprengel

Washington hat einen neuen Skandal: Nach Watergate und Irangate erhitzen sich jetzt die Gemüter über „Rubbergate“. Über die Hälfte der 435 Parlamentarier hat bei der kongreßeigenen Bank Schecks platzen lassen, sogenannte „rubber checks“ eingereicht. Insgesamt 296 amtierende und 59 ehemalige Mitglieder des Kongresses stehen auf einer schwarzen Liste, die stückchenweise in den nächsten Wochen veröffentlicht werden soll — erst die schlimmsten Sünder, die bis zu 800 und mehr Schecks ungedeckt präsentierten, dann alle anderen.

Jene, deren Namen bereits in der Zeitung erschienen, haben sich dem Zorn ihrer Wähler gleich gestellt und in kabarettreifen Auftritten um Vergebung gebeten. In den meisten Fällen wird man den Überziehungssündern gar keinen Vorwurf machen können. Die 1838 gegründete Bank war so schlecht geführt, daß am Ende weder für die Bank noch die Politiker-Kunden nachzuvollziehen war, wann das Konto ausreichend gefüllt und wann es leer war. Ihr Chef Jack Russ nahm deshalb vorige Woche seinen Hut. Dennoch bleibt für einige der Vorwurf, sich auf diese Weise einen — in Einzelfällen sechsstelligen — zinslosen Kredit genehmigt zu haben.

Für Präsident Bush kommt dies gerade zur rechten Zeit. So machte der Fraktionschef der Republikaner, Newt Gingrich, die Demokraten für den Skandal verantwortlich, die schließlich die Bank kontrollierten. Doch unter den Bösewichtern sind auch republikanische Abgeordnete. Im übrigen warnte bereits vor der offiziellen Eröffnung der Bank 1832 der damalige Haussprecher Stevenson einige Parlamentarier, ihr Limit bloß nicht zu überschreiten.

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