US-Konjunktur: Der nächste Krisenherd
Die Regierung in Washington senkt ihre Konjunkturprognosen dramatisch. Präsident Obama muss die Arbeitslosigkeit bekämpfen, weiß aber nicht wie.
BERLIN taz | US-Präsident Barack Obama kämpft verzweifelt an zwei Fronten: Er muss die für US-Verhältnisse dramatische Arbeitslosigkeit ebenso in den Griff bekommen wie das ausufernde Defizit. Beides wird extrem schwierig. Denn gerade musste die Regierung in Washington einräumen, dass das Wirtschaftswachstum viel niedriger als bislang erwartet ausfallen wird.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde in diesem Jahr um lediglich 1,7 Prozent wachsen und 2012 vielleicht um 2,7 Prozent, teilte das Präsidialamt mit. Bisher war man von 2,6 Prozent in diesem und 3,6 Prozent im nächsten Jahr ausgegangen. Hinzu kommt, dass es 14 Millionen Arbeitslose gibt. Den am Freitag veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen zufolge verharrte die Arbeitslosenquote im August bei 9,1 Prozent. Das Präsidialamt rechnet mit einem Rückgang bis 2012 auf bestenfalls 9 Prozent.
Dabei braucht Obama dringend arbeitsmarktpolitische Erfolge, wenn er nächstes Jahr die Wahlen wieder gewinnen will. Eine Million und einen Job verspricht er seinen Wählern: einen für sich, den Rest fürs Volk. Kommenden Donnerstag will er seine Pläne für mehr Wachstum und Beschäftigung vorlegen.
Wegen der hohen Zahl von Arbeitslosen, von denen viele kein Arbeitslosengeld erhalten, und angesichts der Angst vieler Arbeitnehmer vor dem Verlust ihres Jobs halten sich die US-Amerikaner mit dem Konsum stark zurück. Der Mangel an Nachfrage wiederum verhindert, dass der Konjunkturmotor wieder anspringt.
Größenordnung wie in Spanien und Portugal
Das Problem ist jedoch, dass die nach der Finanzkrise gestarteten massiven Konjunkturprogramme inzwischen auslaufen und dass für neue kein Geld mehr da ist. Wegen der übermäßigen Verschuldung des Staates hatte die Ratingagentur Standard & Poors (S&P) im August bereits die Kreditwürdigkeit der USA herabgesetzt.
Das Haushaltsdefizit in diesem Jahr beträgt 8,8 Prozent des BIP - eine ähnliche Größenordnung wie in den Euro-Krisenländern Spanien und Portugal. Erst kürzlich hatten sich Regierung und Kongress auf Einsparungen in Höhe von 2,5 Billionen US-Dollar in den kommenden zehn Jahren geeinigt.
Schon am Donnerstag waren an den US-Börsen die Kurse gefallen. Da half es auch nichts, dass es zuvor einige vergleichsweise positive Konjunkturdaten gegeben hatte. So hatte die US-Industrie im vergangenen Monat wider Erwarten keinen Geschäftsrückgang verbucht, und der Automobilabsatz zog sogar kräftig an.
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