US-Gesundheitsreform: Zweite Chance für Hillarys Traum
Die Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton will erneut eine Krankenversicherung für alle US-Amerikaner einführen. Hat sie diesesmal bessere Chancen?
WASHINGTON taz Hillary Clinton weiß schon, "dass die Pharma-Industrie mich nicht zur Frau des Jahres wählen wird". Trotzdem unternimmt die Kandidatin für die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten nun einen zweiten Anlauf, um eine Krankenversicherung für alle Amerikaner einzuführen. Der erste Versuch als First Lady von Präsident Bill Clinton scheiterte 1994 an einem Proteststurm der Medizinlobbyisten - und an der Arroganz und Unerfahrenheit der Clintons im Weißen Haus.
"Die Wunden des Kampfes sind vernarbt, ich habe einige wertvolle Erfahrungen daraus gewonnen", sagte Hillary Clinton am Montag in einem Krankenhaus im Bundesstaat Iowa, wo im Januar die ersten Vorwahlen stattfinden werden. Sie versprach, als Präsidentin alle Amerikaner zu versichern, diesmal ohne neue Mammutbehörden zu schaffen, ohne neuerlich zu versuchen, das Siebtel der US-Wirtschaft, das von der Gesundheitsindustrie bestritten wird, kompliziert umzuorganisieren, und ohne erneut Hürden für jene Amerikaner zu schaffen, die bereits eine Versicherung haben und mit dieser zufrieden sind - alles Kritikpunkte, an denen der Clinton-Plan vor 14 Jahren gescheitert war.
Aufgrund der verbrannten Erde von damals, als das Präsidentenpaar in einem absurden Geheimmanöver einen kompromisslosen Plan von 1.342 Seiten Länge durchboxen wollte, hat Hillary Clinton nun lange gezögert, bevor sie sich aus der Deckung wagte. Ihr jetziger Gesundheits-Plan gleicht dem ihrer parteiinternen Rivalen für die Präsidentschaftskandidatur: Auch die demokratischen Senatoren John Edwards und Barack Obama bauen im Wesentlichen auf dem vorhandenen System auf. Dieses soll nun mit neuen Optionen für private und öffentliche Versicherungen aufgestockt werden. Dafür wollen alle drei Kandidaten eine allgemeine Versicherungspflicht einführen sowie staatliche Hilfen und Steuererleichterungen für kleine Firmen und Arme.
Hillary Clintons Plan kostet 110 Milliarden Dollar im Jahr. Die will sie einerseits durch Einsparungen im Gesundheitssystem finanzieren, zum anderen durch die Streichung der von der Regierung Bush verfügten Steuerererleichterungen für Amerikaner, die mehr als 250.000 Dollar im Jahr verdienen. Die Kandidatin kündigte an, sie werde neue Regeln für die Versicherungswirtschaft einführen, um "Diskriminierungen abzuschaffen", und schrecke dabei "vor keinem Kampf zurück". Hillary Clinton vermied zunächst Präzisierungen, worum es dabei geht: Die Politik der Bush-Regierung ermöglicht es, dass immer mehr Arbeitgeber sich überhaupt nicht an der Krankenversicherung ihrer Angestellten beteiligen und dass die Versicherungen Kunden mit Gesundheitsrisiken ablehnen können sowie dass sie von chronisch Kranken exorbitante Beiträge verlangen. Dadurch ist die Zahl der unversicherten Amerikaner auf fast 50 Millionen gestiegen, darunter ein wachsender Teil der Mittelschicht und immer mehr Kinder. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Mitt Romney sagte, die Wähler erlebten nun eine zweite Ausgabe von "Hillarycare" - wie das Projekt damals genannt wurde -, die ihre Ideen "von dem europäischen Regulierungswahn" beziehe und "grundsätzlich nicht an die Kraft des Marktes" glaube.
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