US-Einreiseverbot: Preisgekrönter Verleger abgeschoben
Der Frankfurter Verleger Karl Dietrich (KD) Wolff wurde trotz Visums bei der Einreise in die USA festgehalten, verhört und anschließend zurück nach Deutschland geschickt.
"Ich bin traurig", sagte KD Wolff am Sonntag mit zitternder Stimme. Der Grund: Man hat dem preisgekrönten Frankfurter Verleger kritischer Kafka- und Hölderlin-Ausgaben am vergangenen Freitag die Einreise in die USA verweigert und ihn am New Yorker Kennedy-Flughafen in den Flieger zurück nach Deutschland gesetzt.
Wolff war eingeladen, am Vassar College an einer Konferenz teilzunehmen. Ihr Thema war die Verbindung der US-Bürgerrechtsbewegung zu Deutschland. Als Vorsitzender des SDS hatte Wolff Ende der Sechzigerjahre ein Solidaritätskomitee mit "Black Panthers" gegründet und außerdem enge Kontakte zu den Weathermen Bill Ayers und Bernadine Dohrn unterhalten. Die Konferenzorganisatoren hatten Wolff gemeinsam mit den US-Protagonisten jener Epoche als Zeitzeugen eingeladen.
Unmittelbar nach Landung der Maschine kamen Zollbeamte in das Flugzeug und führten Wolff ab. Ein Verhörmarathon begann, an dessen Ende der völlig erschöpfte Verleger nach Deutschland abgeschoben wurde.
Wolff bekam lediglich mitgeteilt, dass sein bis 2010 gültiges Visum bereits 2003 wiederrufen wurde. "Wahrscheinlich", so spekuliert Wolff, "wurde im Fahrwasser von 9/11 die Sicherheitsstufe erhöht."
KD Wolff war bereits 1969 des Landes verwiesen worden, nachdem er damals vor einem Ausschuss für Innere Sicherheit den konservativen Senator Strom Thurmond unter anderem als "Banditen" bezeichnete. Wolff war damals von der US-Schwesterorganisation "Students for a Democratic Society" eingeladen worden und hatte zusammen mit ihren Genossen an Universitäten gegen den Vietnamkrieg agitiert.
18 Jahre hatte KD Wolff Einreiseverbot, bis der 1987 mittlerweile auf beiden Seiten des Atlantiks respektierte Verleger wieder ins Land gelassen wurde. Übrigens auf Drängen des Frankfurter Bürgermeisters Walter Wallmann (CDU). "Sie haben ja Freunde", habe damals die US-Konsulin gesagt, als sie ihm das Visum ausstellte.
KD Wolff fordert "eine Entschuldigung und eine offizielle Einladung durch die Regierung". Seine Sympathien für die Ideale und die Kultur der USA sind dennoch ungebrochen. "Die Amerikaner wissen einfach nicht, wer ihre Freunde sind", sagt er.
Auch seine uneingeschränkte Sympathie für die Obama-Regierung hat KD Wolff durch den Vorfall noch nicht gänzlich verloren. Allerdings hat ihm die Episode deutlich gemacht, wie schwer es Obama hat, die rechtsstaats-feindliche Bürokratie der Bush-Ära wieder abzubauen. "Das war reinste Guantánamo-Politik", sagt Wolff. Und das fast auf den Tag genau elf Monate nachdem sich das amerikanische Wahlvolk sehr unmissverständlich genau gegen diese Art des Regierens ausgesprochen hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe