: US-Drohung läßt Serbien kalt
■ EG lehnt vorläufigen Ausschluß Rest-Jugoslawiens aus der KSZE ab/ Genscher und Baker sind dafür
Belgrad/Sarajewo (afp/ap) — Serbien hat Warnungen der internationalen Gemeinschaft wegen seiner Rolle im Bürgerkrieg in Bosnien- Herzegowina zurückgewiesen. Die USA hatten am Mittwoch mit dem Ausschluß Jugoslawiens, das nur noch Serbien und Montenegro vertritt, aus der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) gedroht, falls es bis zum 29.April seine „Aggression“ in Bosnien nicht beende. Trotz der eindringlichen Appelle aus dem Ausland dauerten die Kämpfe in Bosnien auch am Freitag an. Am Donnerstag besetzte die jugoslawische Armee nach Angaben der Belgrader Nachrichtenagentur 'Tanjug‘ die Stadt Visegrad im Osten der Republik.
Der serbische Ministerpräsident Radoman Bozovic sagte am Donnerstag, Serbien werde keinem Druck auf Kosten der „serbischen Würde und der wirtschaftlichen Unabhängigkeit“ nachgeben. Die Republik könne durch Wirtschaftssanktionen nicht in die Knie gezwungen werden, so Bozovic laut 'Tanjug‘. Der serbische Außenminister Vladislav Jovanovic betonte, Belgrad teile die Ansichten der KSZE über die Notwendigkeit der territorialen Integrität Bosniens. Die Äußerungen Washingtons seien „Routine-Warnungen“ und keinesfalls ein Ultimatum. Innerhalb der EG bestand offenbar Uneinigkeit über die US-Drohung eines Ausschlusses Rest-Jugoslawiens aus der KSZE. Der französische Außenminister Roland Dumas sagte am Donnerstag in Paris, die Zwölf lehnten eine solche Maßnahme ab. Dumas erklärte nach einer Anhörung vor dem Auswärtigen Ausschuß der Nationalversammlung, die EG habe eine Warnung an Serbien gerichtet. Er betonte, zum gegenwärtigen Zeitpunkt gehe es darum, einen Weg zu Dialog und Waffenstillstand zu finden, und nicht darum, die Konfrontationsstimmung anzuheizen. Hingegen drohte der deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher gemeinsam mit seinem US-Kollegen James Baker eine „Suspendierung“ des jugoslawischen KSZE-Sitzes an. Die beiden Minister vereinbarten ein „gemeinsames und entschiedenes“ Vorgehen gegen die Führung Serbiens, die sie als Verantwortliche des Blutvergießens in Bosnien bezeichneten.
Der UN-Sonderbeauftragte Cyrus Vance bemühte sich weiterhin um eine Vermittlung zwischen den Konfliktparteien. Er traf am Donnerstag in Sarajewo mit Vertretern der Regierung und der verschiedenen Volksgruppen und am Abend in Belgrad mit dem jugoslawischen Verteidigungsminister Blagoje Adzic zusammen. Am Freitag konferierte Vance in Zagreb mit dem kroatischen Präsidenten Tudjman. Beobachter vermuten, daß es in dem Gespräch um die Möglichkeit einer Aufteilung von Bosnien in Siedlungsgebiete von Moslems, Serben und Kroaten ging.
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