US-Autokonzern setzt auf Hybrid-Fahrzeuge: GM schlägt zurück
Nachdem Toyota mit dem Prius den Markt der Elektro-Benzin-Hybriden beherrscht, geht General Motors jetzt in die Offensive: Sein Chevrolet Volt soll deutlich länger nur im umweltfreundlichen Strombetrieb rollen.
Es war eine Aussage, auf die alle Freunde des umweltfreundlichen Individualverkehrs gewartet hatten: Ja, sagte General Motors-Produktentwicklungschef Bob Lutz auf der "Reuters Autos Summit"-Konferenz in dieser Woche in Detroit, beim Auslieferungstermin des Chevrolet Volt in drei Jahren werde es bleiben.
Zuvor hatte es reichlich Spekulationen gegeben, dass der lange erwartete Neueinstieg des größten Autoherstellers der Welt ins Geschäft mit Elektrofahrzeugen verschoben werden müsste. Genau dem widersprach Lutz jetzt: "Wenn die Leute an GM denken, denken sie leider an den [Benzinschlucker] Hummer. Diese Wahrnehmung muss sich verändern." Das neue GM-Auto solle Toyotas Hybrid-Marktführerschaft mit dem Prius brechen und den Japanern die Öko-Krone entreißen. "Der Volt ist unser Versuch, all das zu überspringen, was die Konkurrenz bis jetzt gemacht hat", so Lutz.
Tatsächlich ist die aktuelle Hybrid-Technologie längst nicht mehr der neueste Stand der Technik. Was man heute bei Toyota, Lexus oder Honda an solchen Fahrzeugen kaufen kann, bietet zwar einen niedrigeren Benzinverbrauch und damit auch CO2-Ausstoß, doch im reinen, abgasfreien Elektrobetrieb rollen die noch immer als Ökorevolution gepriesenen Mobile nur recht kurz. Der Grund ist die schwachbrüstige Batterie. So sorgt der damit angetriebene Elektromotor vor allem dafür, dass das Hybrid-Fahrzeug immer dann den Benzinmotor abschaltet, wenn dieser besonders überflüssig ist. Das ist gut, aber nicht gut genug: Ohne Verbrennungsmotor packt ein Prius nur wenige Kilometer.
Mit Fahrzeugen wie dem Volt soll nun die nächste Generation der Umweltautos, die so genannten "Plug-In-Hybriden", auf die Straße kommen. Diese lassen sich auch an der Steckdose laden und somit auch für längere CO2-freie Strecken nutzen, weil sie mehr Energie speichern können. Allerdings scheint hier Sand im Getriebe der technischen Entwicklung zu sein - so musste Toyota kürzlich zugeben, dass man aufgrund von Problemen mit der Batterie Verschiebungen vornehmen muss. Der Grund: Die verwendeten, stärkeren Lithium-Ionen-Akkus sind recht anfällig, explodierten in Laptops beispielsweise schon einmal. Die Technologie an Autos anzupassen und sicherheitstechnisch durchzutesten, gilt als größeres Problem.
Bei GM will man es meistern können. Lutz gab in Detroit in dieser Woche offen zu, dass es auch in seiner eigenen Firma Skeptiker gab und noch gibt. "Diese Leute kauen auf den Nägeln herum", wenn das Thema angesprochen werde. "Aber diejenigen von uns in Führungspositionen haben immer wieder gesagt, dass wir es tun müssen."
Die Hinwendung zum Ökotrend kommt auch daher, dass sich mit solchen Fahrzeugen gutes Geld verdienen lässt. Toyota hat seit Markteinführung seiner Hybridtechnik Ende der Neunzigerjahre immerhin schon eine Million entsprechende Fahrzeuge abgesetzt. Der Hybrid-Markt wird von den Japanern in den USA zu 80 Prozent beherrscht - eine Traumzahl, die man sich bei GM nicht mehr lange ansehen kann und will. Lutz sagte, er ärgere sich heute, dass sein Unternehmen nicht schon in der Anfangsphase auf Hybrid-Ansätze gesetzt habe: "Wir hätten es gekonnt."
Der Chevrolet Volt soll insgesamt gute 65 Kilometer mit einer vollen Batterieladung ohne Benzinmotor fahren können - selbiger ist für Notfälle und unaufgeladene Zeiten aber weiterhin montiert. Mit dieser Reichweite soll das Fahrzeug für den durchschnittlichen Pendler gut geeignet sein: Der kann sein Auto nachts aufladen und damit dann problemlos morgens zur Arbeit und abends wieder zurück fahren, ohne einen Tropfen Benzin zu verbrauchen. So ist zumindest die Theorie. In der Praxis muss GM noch einige Probleme lösen, die auch - wie bei Toyota - mit den notwendigen Lithium-Ionen-Akkus zusammenhängen. Die Kosten des Volt sollen zwischen 20.000 und 30.000 Dollar liegen. Ob GM zunächst nur verleast, ist unklar. Lutz betonte, man wolle mit dem Volt, einem Sportwagen-ähnlichen Kompaktmodell, das Markenimage GMs prägen, wie dies der Prius bei Toyota getan habe. Bis Ostern 2008 will der Konzern nun zunächst die wichtigen Komponenten wie Elektroantrieb und Batteriesystem soweit fertigstellen, dass sie in einer anderen Karosserie auf der Straße getestet werden können.
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