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■ URDRÜ'S WAHRE KOLUMNEHoilen und Koilen mit Froinden

Anlein- und Maulkorbzwang für bissige Hunde hat Innensenator Friedrich van Nispen jetzt in der Deputation beschließen lassen. Dem kann wohl nur ein Dobermann widersprechen. Am anderen Ende jeder Hundeleine aber hängt ein Mensch: Ob der Herr Friedrich wohl nachts manchmal aufwacht und darüber nachdenkt, ob die Prostituiertenmorde im Viertel nicht auch vor dem Hintergrund der publikumswirksamen Zerschlagung des Drogenstrichs durch seine Polizei zu sehen sind?

Frei ist die Presse, die Presse ist frei. Die freie Marktwirtschaft in Bremen hält sich gar einen schnuckeligen Presseclub im schnuckeligen Schnoor. Damit niemand dessen Funktion mißversteht, heißt sein neuer Vorsitzender Wendelin von Machui — hat aber nix mit Wim Thoelke zu tun, sondern ist der PR-Mann des automobilen Sonnenstaats von Daimler Benz im kleinsten deutschen Bundesland. Und sein Vize, der Herr Rolf Sauerbier von Jacobs Suchard sorgt vielleicht dafür, daß es bald auch die „Krönung“ mit Journalistenrabatt gibt und nicht nur den Rollschrott unterm Silberstern.

Unbedingt verstecken sollte die liebe Sabine Uhl ihren lieben Pastorenmann Ernst vor dem wilden Lutherbock Schorde Huntemann. Der nämlich hat den Bruder Ihl „notorischer Irrlehren“ in Sachen Frauenordination bezichtigt, welche einer nahezu zweitausendjährigen Kirchentradition entgegen stehen. Die hielt für notorische Irrlehrer immer wieder mal mark- und beinerweichende Feuerchen bereit.

Achgottegott, da demonstrieren doch morgen schon wieder welche gegen Kurdenterror, Kurdendrogen und Kurdenscheinasylanten. Nämlich echte Türken und ein echter Honorarkonsul und mit dem Umland-Strategen Peter Würtz auch noch ein echter Bundestagsabgeordneter — alle heulen mit den grauen Wölfen und koilen mit den doitschen Froinden. Vermutlich spekulieren einige türkische MitbürgerInnen gar, mit einem solchen Umzug einen Entlastungsangriff in Sachen Ausländerfeindlichkeit zu fahren. Die Botschaft von Hoyerswerda, Hünxe und Schwachhausen aber heißt nun einmal nicht „Keine Macht den Drogen“, sondern einmal mehr „Der Jude war's, auch wenn er sich grad Kurde schimpft“. Im Bedarfsfall einfach jeder, der kein Eisbein mag...

Ach, diese Pennybuben. Können sich jetzt bewähren, mit Sozialdienst am Wochenende. Vielleicht ausgewiesenen Flüchtlingen beim Kofferpacken helfen? Afrikanern einheizen oder ihr Taschengeld in Verwahrung nehmen? Die erstklassigen Elternkartelle der Feuerundflamme-Kids haben erstklassige Arbeit geleistet, um die eigentliche Frage wegzudrücken: Wie lange darf ein Presseorgan Pogromstimmung schüren, bis der Sohn des Geschäftsführers heiß darauf ist, die dazu passenden Schlagzeilen selbst zu gestalten?

Da liest man die QUICK und wird nachdenklich: Die Psychotherapeutin Anna Schoch soll in ihrer Doktorarbeit herausgefunden haben, daß „Männer ab 40 vorm Fernseher verrotten, sich betrinken und kein kreatives Leben mehr führen“. Mann über 40 — wie damit klarkommen? Erst einmal Urlaub, ab gleich und drei Wochen lang. Falls ich auf irgendeinem griechischen Dorfpostamt ein FAX-Gerät finde, schicke ich liebe Grüße, packende Schilderungen vom Nichtstun oder Frontberichte vom Alltag anderswo. Und wenn nicht: auf baldiges Wiederlesen, hier an dieser Stelle! Ulrich Reineking-Drügemöller

PS: Wer immer schon mal meine GenossIn werden wollte: per TAZ-Genossenschaft ist's ab sofort möglich. Die Partei gründen wir dann später, wenn mal Zeit für sowas ist...

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