: UNO soll im Fall Lockerbie entscheiden
■ USA nehmen Abstand von einem militärischen Racheakt gegen Libyen wegen des Anschlags auf Pan-Am-Jet
Washington (wps) — Noch vor wenigen Wochen überwogen Drohgebärden, jetzt schlagen die Regierungen in Washington und London leise Töne an: Anstatt Strafaktionen gegen Libyen wegen der angeblichen Verwicklung in das Bombenattentat auf eine Pan-Am-Maschine im Dezember 1988 zu fordern, wollen die USA und Großbritannien nun offensichtlich die Vereinten Nationen entscheiden lassen, ob sich die libysche Regierung terroristischer Aktionen schuldig gemacht hat oder nicht. Wie verlautete, wollen Washington und London zusammen mit der französischen Regierung, die in Tripolis die Drahtzieher für ein Bombenattentat auf eine französische Passagiermaschine im Jahre 1989 vermutet, den UN-Sicherheitsrat bitten, Libyen zu einer Stellungnahme aufzufordern. Ermittlungsbehörden der drei Länder hatten im Oktober und November letzten Jahres gegen mehrere Angehörige des libyschen Geheimdienstes Anklage erhoben und internationale Haftbefehle ausgestellt: Großbritannien und die USA fordern die Auslieferung der beiden libyschen Staatsbürger Abdel Basset Ali Megrahi und Lamen Khalifa Fhimah, denen vorgeworfen wird, für die Bombenexplosion an Bord der Pan-Am-Maschine verantwortlich gewesen zu sein, bei der 270 Menschen starben. Die französischen Ermittler erließen Haftbefehle gegen vier Geheimdienstmitglieder, darunter einen Schwager Gaddafis.
Für den Fall, daß die Gesuchten nicht ausgeliefert würden, hatten die britische und die US-Regierung Libyen mit Sanktionen bis hin zu militärischen Vergeltungsaktionen gedroht. Unterstützung im UN-Sicherheitsrat ließ sich offenbar jedoch nicht gewinnen. Großbritannien will nun nächste Woche eine Resolution vorlegen, in der Libyen nur aufgefordert wird, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. Von der Auslieferung der Verdächtigten ist nicht mehr die Rede, „weil sich abzeichnete“, so ein westlicher Diplomat, „daß die Mehrheit des Sicherheitsrats das nicht akzepiert hätte. Es ist auch keineswegs sicher, daß diese extrem abgemilderte Resolution durchkommen wird.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
