UNFALL: Freimarkt ohne Krake
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen den Betreiber des Fahrgeschäfts, bei dem sich eine Gondel gelöst hatte
"Für selbstverschuldete Unfälle keine Haftung" steht auf einem Schild am Kassenhäuschen des "Kultkarussells Krake". Davor drücken sich JournalistInnen herum. In der Hoffnung, etwas mehr zu erfahren als das, was die Polizei in der Nacht zum Freitag in einer kurzen Pressemitteilung mitgeteilt hat.
Danach hat sich am Donnerstag kurz nach 21 Uhr eine der Gondeln des Fahrgeschäfts gelöst, "rutschte einige Meter über den Boden", wie es gestern ein Polizeisprecher ausdrückte, bevor sie gegen ein Absperrgitter prallte. 9 Personen wurden dabei verletzt, 5 von ihnen mussten ins Krankenhaus, darunter die beiden Frauen, die in der Gondel saßen, eine 27-Jährige und eine 29-Jährige. Die jüngere schwebte nach Angaben der Polizei zeitweise in Lebensgefahr.
"Der Unfall hätte schlimmer ausgehen können", sagte gestern Wolfgang Golaswoski, Staatsrat für Bau und Verkehr auf einer Pressekonferenz. Auf dieser war auch der Betreiber der Krake, Christian Uhse anwesend. Er selbst habe das Karussell zum Unfallzeitpunkt gefahren, sagte Uhse, zum Glück habe sich die Gondel gerade auf dem Boden befunden und nicht während eines "Fluges" in der Luft.
Ursache des Bruchs ist nach ersten Erkenntnissen ein sehr feiner Riss in einem der Kraken-Arme, an dem die Gondel befestigt war, sagte Golasowski, dessen Behörde für die Kontrolle der Geräte zuständig ist. An dieser Stelle sei der Stahl-Ausleger auseinandergebrochen. Ein solcher Riss sei gestern bei Überprüfungen noch an einem weiteren Ausleger entdeckt worden, die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte daher große Teile der Maschine, so dass der Betrieb der Krake eingestellt ist.
Die Ausleger sind laut Golasowski erst sechs Jahre alt. Die Krake - Baujahr 1980 - wurde damals umgebaut. Statt wie ursprünglich 25 befinden sich jetzt nur noch 20 Gondeln an dem Fahrgeschäft. "Das liegt daran, dass die Auslastung nicht mehr so gut ist", erklärte der Betreiber Uhse. Nach dem Umbau wurde das Karussell auch mittels Ultraschall und Röntgen durch den TÜV geprüft. Die nächste Prüfung dieser Art wäre im Jahr 2018 fällig gewesen. Bei den jährlichen Kontrollen - die letzte war im April 2011 - hätte der Riss nicht auffallen können, sagte Golasowski, da diese im aufgebauten Zustand stattfindet und die entsprechende Stelle von Bauteilen verdeckt sei. Sein Mitarbeiter Peter Habedank von der zuständigen Abteilung für Bautechnik sagte, man müsse jetzt nach dem Unfall prüfen, ob die Kontrollen verschärft werden müssten.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen den Betreiber der Krake. Ob weitere Beteiligte, wie etwa die mit dem Umbau beauftragte Firma, hinzu kommen, sei abhängig von den Ermittlungsergebnissen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gestern.
Von dem Typ Krake, wie sie derzeit auf dem Freimarkt steht, wurden nach Angaben von Wieland Schwarzkopf, dem Geschäftsführer des Herstellers, 35 Exemplare gebaut. Sie ist als eher langsam drehendes Karussell beliebt bei allen, denen in den meisten anderen Geräten schlecht wird.
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