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UN-Sitzung im Zeichen der Golfkrise

■ Heute Entscheidung der Sicherheitsrats über Luftblockade gegen Irak/ Frankreich mit irakischer Entschuldigung nicht zufrieden/ Spannungen zwischen Saudi-Arabien und Jemen

Bagdad/New York (ap/afp/adn/ dpa) — Massive Vorwürfe und Anklagen gegen den Irak wegen der Invasion Kuwaits und des Festhaltens ausländischer Geiseln werden in der dreiwöchigen Generaldebatte der UNO-Vollversammlung erwartet, zu der sich die Delegierten gestern in New York versammelten. Das Bagdader Regime wird dabei voraussichtlich nicht vertreten sein. Der irakische Außenminister Aziz beschuldigte die amerikanische Regierung, ihm die Teilnahme an der Aussprache zu verwehren. Das US-Außenministerium erklärte, die Frage einer Landeerlaubnis für das Flugzeug der Bagdader Delegation werde geprüft. Die USA hatten ursprünglich von Aziz verlangt, einen Linienflug zu benutzen.

Bereits für heute wird eine wichtige UNO-Entscheidung in der Golfkrise erwartet. In einer Sondersitzung soll der Weltsicherheitsrat eine Luftblockade gegen Bagdad verhängen. Es wäre das erste Mal, daß die UNO eine derartige Maßnahme gegen ein Mitglied beschließt.

Vor dem Hintergrund wachsender Kriegsfurcht am Golf ist Perez de Cuellar zu einem erneuten Gespräch mit Aziz über eine friedliche Beilegung der Golfkrise bereit. Wenige Stunden nach den verschärften Drohungen des Irak — insbesondere gegen Israel — ließ Perez jedoch Zeitpunkt und Ort eines möglichen Treffens offen.

Die französische Regierung ist mit der irakischen Entschuldigung für die Verletzung der diplomatischen Immunität der Botschaft in Kuwait nicht zufrieden. Am Wochenende hatte Bagdad den Übergriff irakischer Soldaten als „Mißverständnis“ bezeichnet. Das Pariser Außenministerium teilte dazu gestern mit, diese Worte genügten nicht. Frankreich erwarte, daß Bagdad alle französischen und ausländischen Geiseln „sofort“ freilasse.

Saudi-Arabien hat am Wochenende 30 Diplomaten und 20 Angestellte der jemenitischen Botschaft in Riad ausgewiesen. Dies teilte die jemenitische Regierung mit. Auslöser der diplomatischen Krise zwischen beiden Ländern war die saudische Entscheidung, den rund 1,5 Millionen jemenitischen Gastarbeitern im Königreich bestimmte Privilegien zu entziehen. Offenbar soll der Jemen mit den Restriktionen wegen seiner — aus saudischer Sicht — proirakischen Haltung in der Golfkrise bestraft werden.

Unterdessen setzte Bagdad die „Irakisierung“ des besetzten Kuwaits fort und kündigte an, daß kuwaitische Dinare bis zum 6. Oktober im Verhältnis eins zu eins in irakische Dinare umgetauscht werden. Der nicht konvertierbare irakische Dinar ist auf dem Weltmarkt freilich nur knapp zehn Prozent des kuwaitischen wert.

Mit Besorgnis wurde von Diplomaten auf die Äußerung Saddam Husseins verwiesen, auch „ein versehentlicher Funke kann das Feuer entfachen“. Das „Wachsen der Kriegsangst“, vermeldete die 'Khaleej Times‘ aus Dubai und die Furcht vor einem „Flächenbrand in der Region“ wird aber auch durch neueste US-Militärszenarien genährt. Danach könnten die USA einen möglichen Angriff auf den Irak auch von Jordanien und der Türkei aus lancieren. Kommentatoren am Persischen Golf wiesen am Montag zugleich darauf hin, daß Bagdad inzwischen von der bislang üblichen Formel abgerückt ist, nicht den ersten Schuß abzufeuern. „Die wahnsinnigen Drohungen Saddams beweisen, daß er den Krieg vorzieht“, war in der bahrainischen Zeitung 'Akhbar al- Khaleej‘ zu lesen. Wie das amerikanische Blatt 'Los Angeles Times‘ gestern meldete, probte der Irak schon vor mehreren Jahren in geheimen Manövern den Angriff auf Kuwait. Unterdessen hat die irakische Armee offenbar die weitaus meisten der etwa 1.000 kuwaitischen Erdölquellen vermint.

Der syrische Präsident Assad verlängert seinen Besuch im Iran. Die Verlängerung trage „der Bedeutung der zur Diskussion stehenden Fragen“ und der Notwendigkeit Rechnung, „die Konsultationen abzuschließen“.

Assad war am Samstag zu einem ursprünglich dreitägigen Besuch in Teheran eingetroffen. Im Mittelpunkt der Unterredungen stehen dem Vernehmen nach die Golfkrise und das Schicksal der ausländischen Geiseln in Libanon.

Nach einem Bericht des iranischen Fernsehens verfügt das Land über 14 moderne MiG-29-Kampfflugzeuge. Wie die regierungsnahe 'Teheran Times‘ gestern berichtete, boten auch mehrere europäische Staaten an, Rüstungsgüter in den Iran zu liefern. Außerdem ist die Sowjetunion laut 'Teheran Times‘ bereit, zusätzlich zu den kürzlich gelieferten MiG-29-Jagdbombern weitere Waffen an Iran zu verkaufen. Auch die CSFR, die als erstes osteuropäisches Land 200 Soldaten an den Golf senden will, plant nach einem Bericht des Studentenmagazins 'Studentske Listy‘ die Lieferung von 300 Panzern an den Iran.

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