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Archiv-Artikel

ULRIKE HERRMANN ÜBER NEUE BLASEN AUF DEN FINANZMÄRKTEN Kapitalisten sind ratlos

Auf den Finanzmärkten spielt sich Seltsames ab: Die Herde der Anleger hat sich gespalten. Meist trampeln alle Investoren in eine Richtung, weil sie an die gleiche „Story“ glauben, die maximale Gewinne verspricht. Diesmal jedoch können sich die Spekulanten offenbar nicht entscheiden, worauf sie hoffen sollen. Kommt ein Aufschwung oder eine Rezession? Eine Inflation oder eine Deflation? Also werden die unterschiedlichsten Anlagestrategien verfolgt.

Eine Truppe von Anlegern treibt den Goldpreis nach oben, der am Mittwoch wieder bei etwa 1.250 Dollar pro Unze lag. Diese Goldinvestoren fürchten offenbar einen Staatsbankrott oder eine Megainflation, die das Papiergeld entwertet.

Auf das Gegenteil – eine Deflation – wetten all jene Spekulanten, die sich auf deutsche Staatsanleihen stürzen. Dabei ist ihnen die Rendite schon egal: 10-jährige Bund-Futures werfen nur noch 2,1 Prozent ab, weil die Nachfrage so groß ist. Diese Investoren rechnen nicht damit, dass die Preise und Zinsen in den nächsten Jahren inflationär steigen könnten – was ihre Papiere ja sofort entwerten würde. Stattdessen erwarten diese Anleger, dass eine Rezession droht und das Geld nur beim Staat sicher ist.

Viel optimistischer sind hingegen die Aktionäre. Der deutsche Aktienindex DAX steht wieder bei knapp 6.000 Punkten – obwohl die USA erneut in eine Rezession schlittern und ganz Europa Sparpakete auflegt. Trotzdem glauben diese Investoren unbeirrt, dass China schon für einen weltweiten Aufschwung sorgen wird.

Diese verschiedenen „Storys“ sind kein gutes Zeichen, denn offenbar ist so viel überschüssiges Kapital im Umlauf, dass sich überall Blasen bilden. Beim Gold, bei den Aktien und bei den Staatsanleihen. Wer einen Crash vermeiden will, sollte Teile dieses Geldes abschöpfen – in Form von Steuern.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 8