ULLA SCHMIDT MATSCHT ZUSAMMEN, STATT INTELLIGENT ZU MIXEN : Unverdaulicher Mischmasch
Um die eigenen Parteireihen zu schließen, wurden bislang Bürgerversicherung und Kopfpauschale als unvereinbare Reformansätze inszeniert. Dabei besitzen beide Modelle entscheidende Schwächen: Die Bürgerversicherung hat keine Durchsetzungsperspektive. Auch wenn die bisher privat versicherten gut Verdienenden, Beamten und Selbstständigen einbezogen und Mieten und Zinsen berücksichtigt werden – die Einnahmen bleiben unmittelbar vom Arbeitsmarkt abhängig. Der Beitragssatz würde nur wenig sinken.
Der Kopfpauschale hingegen liegt ein verengtes Gerechtigkeitsbild zugrunde: Der Ausgleich zwischen Arm und Reich, Alt und Jung und zwischen Kinderlosen und Kinderreichen soll allein über Steuern finanziert werden. Ärmere und Kinderreiche wären benachteiligt. Bei dauerhaft niedrigen Staatseinnahmen ist die angepeilte Umverteilung durch Steuern unrealistisch. Mittelfristig drohte ein Abschied von dem Sozialstaatsprinzip, jedem Bürger ein Mindestmaß an gesundheitlichem Schutz zu garantieren.
Ulla Schmidt plädiert nun für einen Mittelweg. Neben niedrigeren Kassenbeiträgen von Arbeitnehmern und Unternehmen soll jeder Bürger monatlich 25 bis 30 Euro entrichten. Folgerichtig, transparent und fair wäre die Umwandlung der bisherigen Kassenbeiträge in eine allgemeine Gesundheitssteuer: Jeder Bürger hätte dann gemäß seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einen proportionalen (Steuer-)Beitrag zu entrichten.
Durchsetzungsfähig ist das nicht. Selbst gegen Schmidts „Light-Modell“ werden gut Verdienende und einkommensstarke Pensionäre und Rentner ein Protestgeschrei anstimmen. Mit der Bundeswahl hat zwar eine Mehrheit die Privatisierung der Gesundheitsfinanzierung abgelehnt, verleugnet wird aber, dass für ein solidarisches Gesundheitswesen eine stärkere Belastung leistungsfähiger Gruppen unumgänglich ist. Statt eines intelligenten Mixes aus Pauschale und Bürgerversicherung droht ein unverdaulicher Mischmasch zu entstehen, wenn die Großkoalitionäre etwas beschließen, was keinem Ziel gerecht wird. HARRY KUNZ