UGANDAS NEUES SITTENGESETZ TRIFFT VOR ALLEM JUNGE FRAUEN : Verhaftet wegen Minirock
SIMONE SCHLINDWEIN
Samstag, kurz vor Mitternacht in Kabalagala, dem Kneipenviertel von Ugandas Hauptstadt Kampala: Bewaffnete Polizisten stürmen die Nachtklubs, zerren leicht bekleidete Frauen nach draußen, legen ihnen Handschellen an und hieven sie auf den Polizei-Pick-up. Der Vorwurf: unangemessenes, anzügliches Verhalten.
Spazierte man mit knielangem Rock durch Kabalagala, sozusagen der Reeperbahn Ostafrikas, wurde einem bislang hinterhergepfiffen und einem wurden anzügliche Kommentare zugeraunt. Heute hört man immer öfter: „Zieh dir was an!“ oder „Du Hure!“ Motorradtaxifahrer fordern Frauen in Röcken auf, im „Damensitz“ Platz zu nehmen. Ein Bein über den Rücksitz zu schwingen, gilt schon als anzüglich.
Was ist los? Ugandas Gesellschaft erfährt einen raschen Wandel. Es wächst eine neue Generation junger Frauen heran: Single und kinderlos, mit eigenem Job und neuem Selbstbewusstsein – und mit der entsprechenden aufreizenden Mode. Sex vor der Ehe, das ist selbst im erzkonservativen Uganda mittlerweile Alltag. Die jüngsten HIV-Studien zeigen, dass sich der Virus vor allem unter der städtischen Mittelschicht stark verbreitet. Die konservative und religiöse Generation hält dagegen Anstand und Sittenhaftigkeit von Frauen hoch. Sexy Outfits und aufreizende Schminke gelten als satanisch.
Diese Generation der Machtelite erlässt jetzt zahlreiche Gesetze, um den „Sittenverfall“ einzudämmen. Das Anti-Schwulen-Gesetz ist nur das bekannteste Beispiel. Daneben wurde auch das Anti-Porno-Gesetz verabschiedet, welches in Uganda „Minirock-Gesetz“ genannt wird. Schwammig formulierte Paragrafen verbieten darin jegliches „unanständiges Verhalten, das die Moral korrumpiert“. Reicht das Kleid nicht über die Knie, muss man mit der Polizei rechnen.
Präsident Yoweri Museveni geht mit eigenem Beispiel rigoros voran: Jüngst feuerte er seine Assistentin und beschwerte sich, dass viele seiner weiblichen Mitarbeiterinnen zu leicht gekleidet oder geschminkt seien. Seine neu ernannte Gehilfin trägt Militäruniform ohne Ausschnitt. In der Presse wird sie als anständige Christin gepriesen, die sonntags in die Kirche geht. Ihre Aufgabe sei es jetzt, den weiblichen Abgeordneten Anstand beizubringen. Zu Not vielleicht auch mit Waffengewalt.