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Turbulenzen in Mediengruppe MecomMontgomery entgeht Entmachtung

David Montgomery bleibt trotz einer Meuterei Vorstandschef der Mediengruppe Mecom. Die Investoren erteilten dem Plan der Aufsichtsratmehrheit, ihn abzulösen, eine Absage.

Darf vorerst bleiben: Mecom-Chef Montgomery. Bild: dpa

BERLIN taz Das Setting dürfte David Montgomery bekannt vorgekommen sein: Während der umstrittene Finanzinvestor und Chef der Mecom-Gruppe eher widerwillig in der vergangenen Woche den Verkauf der deutschen Titel seines Konzerns an den Kölner Verlag M. DuMont-Schauberg für magere 152 Millionen Euro abschloss, rebellierte in London sein Board of Directors. Fünf der sechs so genannten Non-Executive Directors, die in etwa deutschen Aufsichtsräten entsprechen, hatten hinter Montgomerys Rücken Gespräche mit den einflussreichsten Anlegern der angeschlagenen Mecom geführt. Ihr Vorschlag: Montgomery solle als Vorstandschef von Finanzvorstand John Allwood abgelöst werden.

Bei Montgomery klingelten die Alarmglocken - schließlich hatte er schon einmal 1999 bei der "Mirror"-Zeitungsgruppe seinen Vorstandsposten wegen interner Streitigkeiten über seine Strategie verloren. Und sein Nachfolger bei Mirror Group Newspapers hieß damals: John Allwood. Doch exakt zehn Jahre später siegt zunächst einmal Montgomery: Die Investoren des von rund 600 Millionen Britischen Pfund Schulden gebeutelten Unternehmens hielten zu ihm. Am Freitag vergangener Woche reichten Allwood und die rebellischen Aufsichtsräte ihren Rücktritt ein.

Jetzt werde nach Nachfolgern gesucht, teilet Mecom in einem lapidaren Statement an die Börse mit, und David Montgomery gab in eher nichtssagenden Worten wie stets in jüngster Zeit den unerschütterlichen Optimisten: "Nach dem Verkauf der deutschen Titel werden wir weiter daran arbeiten, die Bilanz und Marktposition von Mecom zu stärken."Man sei "zuversichtlich, dass die Strategie zur Schuldenreduzierung und Konzentration aufs Kerngeschäft" den Aktionäre "deutlich verbesserte Renditen" bescheren werde. An der Börse merkt man davon wenig: Die Mecom-Aktien dümplen trotz des Verkaufs in Deutschland und der Abwehr des Boardroom-Coups um die zwei Pence pro Aktie - und haben damit im Vergleich zum Jahresanfang 2008 rund 90 Prozent an Wert eingebüßt.

Und auch wenn die erste Runde an Montgomery ging: Die Erklärungen der zurückgetretenen Direktoren vor der britischen Presse über ihre Beweggründe dürften kaum neue Investoren zu Mecom locken: Sie hätten "wachsenden Zweifel" an der Führung des Konzerns und seiner Top-Manager gehabt, erklärten die gescheiterten Rebellen in einer Mitteilung. Obwohl man über Monate versucht habe, diese Probleme anzusprechen, sei nichts geschehen. Montgomery habe Entscheidungen des Vorstands und anderer Konzerngremien ignoriert oder angezweifelt und die Mecom-Gruppe so "viele Chancen vergeben". Laut Branchenberichten hatten die Rebellen auf raschere Verkäufe von Unternehmensteilen gedrängt, um Schulden zu reduzieren und so die Gläubigerbanken milde zu stimmen. Montgomery habe aber eigenmächtig eine "harte Gangart" gegenüber den Kreditinstituten favorisiert, schreibt der Guardian.

Bleibt abzuwarten, an wen die zweite Runde geht: Zum Stichtag 28. Februar werden die Banken nämlich ermitteln, ob Montgomery Kreditverträge unterlaufen und viel zu hohe Beträge geliehen hat, die durch die Konzerneinnahmen nicht gedeckt sind. Bei der Mecom Group scheint man mit dem Schlimmsten zu rechnen - um den eigentlich schon für Dezember 2008 geplanten Prüftermin nochmal um die zwei Monate hinauszuschieben, hat Montgomery bereits ein Strafgeld in Millionenhöhe akzeptiert. Noch gehören Mecom rund 200 Zeitungstitel und Online-Dienste in den Niederlanden, Dänemark, Norwegen und Polen, aber weitere Verkäufe scheinen so unausweichlich. Montgomerys Gerede von der "Konzentrations aufs Kerngeschäft" ist daher eine blumige Umschreibung dafür, dass die Mecom-Group sich selbst zuerlegt - und sein Traum vom paneuropäischen Zeitungskonzern endgültig geplatzt ist.

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1 Kommentar

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  • TM
    Tom Müller

    Montgomery ist „Schuldig“. Er symbolisiert die Heuschrecken wie nur wenig andere Großinvestoren es tun. Deswegen hat man mit ihm auch kein Mitgefühl, dass er seine Zeitungstitel in Deutschland verloren hat. Die Berliner Zeitung war eine wertgeschätzte seriöse Tageszeitung in Deutschland bis Montgomery sie gekauft hat und sie durch Renditedruck und Sparmaßnahmen heruntergewirtschaftet hat. Man kann durch radikale Sparmaßnahmen keine gute Pressearbeit leisten. Viele Titel haben finanzielle Probleme, allerdings schaffen es die meisten seriöse und aufklärende Presseabreit zu liefern. Einer Tageszeitung spricht man mit dem Kauf sein Vertrauen aus und entzieht es mit einem Boykott. Dies ist mit der Berliner Zeitung geschehen! Die Leser haben gegen Montgomery entschieden und er hat seine Quittung bekommen. Schade nur um die Arbeitsplätze und Image für die Zeitung!