Türkisches Militär: Regierung deckelt Generäle
Der türkische Premier Erdogan setzt sich bei der Beförderung von Militärs gegen die Armeespitze durch. Die Opposition wittert den Versuch, Machtverhältnisse zu verschieben.
ISTANBUL taz | Nach acht Tagen heftiger Auseinandersetzungen hat sich die türkische Regierung gegen die Spitzen der Armee durchgesetzt. Zwölf Generäle, gegen die wegen eines so genannten Putschplanes "Schmiedehammer" ermittelt wird, wurden von ihren regulären Beförderungen ausgeschlossen, darunter der designierte Heereschef Hasan Igsiz. Diese Konfrontation markiert einen weiteren Paradigmenwechsel im Verhältnis von Armee und Politik in der Türkei. Bislang entschied die Militärspitze weitgehend selbstständig über ihre Beförderungen, die Gegenzeichnung durch den Staatspräsidenten war eine Formalität.
In diesem Jahr hatte sich jedoch schon vor dem alljährlich im August tagenden Militärrat abgezeichnet, dass die Neubesetzung der höchsten Armeeposten nicht geräuschlos über die Bühne gehen würde. Gegen 102 Militärs hatte die Staatsanwaltschaft kurz vor Beginn des Militärkonklaves Haftbefehle beantragt, darunter gegen elf hohe Generäle, deren Beförderung anstand. Überraschend wurde am ersten Tag des Sitzungsmarathons auch noch ein Verfahren gegen Hasan Igsiz eingeleitet, der für den Posten des Heereskommandanten vorgesehen war.
Ende August geht Generalstabschef Ilker Basbug, in dessen Amtszeit etliche Militärs wegen angeblicher Putschpläne angeklagt wurden, in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird der bisherige Chef des Heeres, Isik Kosaner. Weil Premier Tayyip Erdogan aber durchsetzte, dass alle Generäle, die in Ermittlungsverfahren verstrickt sind, gegen den Willen von Basbug von Beförderungen ausgenommen werden mussten, gab es zunächst keinen Nachfolger für den Heereschef.
Zwischenzeitlich machten Gerüchte die Runde, die gesamte Militärspitze würde zurücktreten, wenn die vorgesehenen Kandidaten ihre neue Posten nicht antreten dürften, doch hinter den Kulissen wurde an einer einvernehmlichen Lösung gebastelt. Isik Kosaner, ein klassischer Karrieremilitär kemalistischer Schule mit Nato- Stationen im Ausland und angeblich ein Verfechter einer engen Zusammenarbeit mit den USA, wird für die nächsten drei Jahre Generalstabschef. Der Posten des Heereschefs, der traditionell nächster Generalstabschef wird, wird von einem General besetzt, Erdal Ceylanoglu, der bereits 2011 in Pension geht. Die Nachfolge im Generalstab bleibt damit offen und Erdogan kann noch versuchen, einen ihm genehmen Kandidaten durchzusetzen.
In der Türkei wird dieser Konflikt nicht nur als Durchsetzung des Primats der Politik gesehen, sondern die Opposition wirft der Regierung vor, sie versuche, das Machtgleichgewicht auszuhebeln und nach Parlament und Präsidialamt auch die Justiz und das Militär unter Kontrolle zu bekommen.
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