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Archiv-Artikel

Türkei muss warten

Bundesregierung verzögert Beschluss zur Lieferung von „Patriot“-Abwehrraketen an den Nato-Partner. Union sieht Affront gegen Partner

BERLIN dpa/taz ■ Im Gegensatz zum Golfkrieg 1991 kann die Türkei bei einem Angriff auf den Irak nicht automatisch mit deutschen „Patriot“-Luftabwehrraketen rechnen. Es gebe noch keinen Beschluss, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Walter Lindner, gestern. Die Bundesregierung werde auf der Grundlage der Nichtbeteiligung an einem Irakkrieg einerseits und der Erfüllung der Bündnisverpflichtungen andererseits verantwortungsvoll entscheiden, so Lindner. Die Sondierungen in den Nato-Gremien liefen noch. Offiziell sind die „Patriots“ bislang weder von der Nato noch von der Türkei angefragt worden.

Die Süddeutsche Zeitung hatte berichtet, die Regierung versage dem Nato-Partner die Abwehrsysteme, um nicht gegen den eigenen Antikriegskurs zu verstoßen. Danach hat Berlin Mitte Januar den von US-Vertretern im Nato-Rat geäußerten Wunsch abgelehnt. Vorige Woche habe die Türkei selbst um die Raketen gebeten. Auf Drängen mehrerer Nato-Länder sei die Entscheidung verschoben worden, um die Sitzung des UN-Sicherheitsrats am Mittwoch abzuwarten.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums hat die Bundeswehr 36 „Patriot“-Systeme, von denen sie 30 zum Schutz des deutschen Luftraums brauche. Zwei Systeme seien auf dem Weg nach Israel. Es sei auch noch nicht entschieden, ob die in Kuwait stationierten 59 ABC-Abwehrkräfte der Bundeswehr aufgestockt werden. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan hatte gesagt, sie könnten im Kriegsfall nicht „allein“ gelassen werden. 200 dieser Spezialkräfte stehen bereit und können in fünf Tagen in Kuwait sein.

Der Verteidigungsexperte der Union, Christian Schmidt, kritisierte, nach der Politik von Kanzler Gerhard Schröder könnte man meinen, Deutschland sei kein Nato-Mitglied mehr. Die frühzeitige Festlegung der SPD, der Türkei keine „Patriots“ zum Schutz ihres Staatsgebiets zur Verfügung zu stellen, sei nicht nur ein Affront gegenüber dem Bündnispartner, sondern auch ein weiterer Schritt in die internationale Isolation.