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Türkei: Mord an Journalisten geklärt

■ Getötet, weil er die Nationalhymne nicht wußte

Ankara (dpa/taz) – Der türkische Journalist Metin Göktepe ist vor drei Monaten in Istanbul von Polizisten zu Tode geprügelt worden, weil er die Nationalhymne auf Türkisch und den Gebetsruf auf Arabisch nicht auswendig wußte. Das geht aus den von der türkischen Tageszeitung Yeni Yüzyil am Samstag veröffentlichten Geständnissen von Polizeibeamten hervor, die einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß zugeleitet worden waren.

Dem Bericht der liberalen Zeitung zufolge haben einige Polizisten gestanden, den 27jährigen Reporter der linksorientierten Zeitung Evrensel für seine Unkenntis „bestraft“ zu haben. Insgesamt kommen elf Polizisten, die Göktepe mißhandelt haben sollen, sowie 34 weitere Personen wegen des Mordes vor Gericht. Ihnen drohen Haftstrafen bis zu zehn Jahren.

Göktepe, der als Journalist häufig über die Aktivitäten rechter Todesschwadronen in der Türkei recherchiert hatte, war während einer Beisetzung von Todesopfern der Gefängnisunruhen in Istanbul zusammen mit Hunderten von Teilnehmern einer illegalen Kundgebung festgenommen und in eine Sporthalle gebracht worden. Dort wurde er vor den Augen Dutzender Mitgefangener zu Tode geprügelt. Seine Leiche wurde später wenige hundert Meter von der Sporthalle entfernt gefunden.

Die Polizei erklärte, Göktepe sei von einer Mauer gefallen. Dieser Darstellung schloß sich auch die damalige Ministerpräsidentin Tansu Çiller an. Erst als der Autopsiebericht nachwies, daß der Journalist an Schlägen gestorben war und Filmmaterial auftauchte, wurden auf öffentlichen Druck Ermittlungen gegen die beteiligten Polizisten eingeleitet.

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