Tsvangirai wird Simbabwes Premier: Mugabes Machtmonopol gebrochen
Oppositionschef Tsvangirai wird als Premier vereidigt, obwohl nicht alle seine Forderungen erfüllt wurden. Die neue Regierung muss nun die bankrotte Wirtschaft sanieren.
Simbabwes Präsident Robert Mugabe ließ es sich gestern nicht nehmen, seinen neuen Regierungskollegen und politischen Gegner Morgan Tsvangirai persönlich in das Amt des Premierministers einzuführen. Im "State House" in Harare nahm Mugabe in einer feierlichen Zeremonie dem Führer der Oppositionspartei "Bewegung für demokratischen Wandel (MDC)" am Vormittag den Amtseid ab. Vizepremiers sind der stellvertretende MDC-Parteichef Thokozani Khupe und Arthur Mutambara, Anführer einer von der MDC abgespaltenen Fraktion. Nun besitzt Simbabwe erstmals einen Premierminister, der künftig mit der bisherigen Regierungspartei Zanu-Pf in einer Koalition versuchen will, den wirtschaftlich bankrotten Staat zu sanieren.
Dazu verpflichtete sich zumindest MDC-Chef Tsvangirai. Allerdings war während der Übernahme seiner Amtsgeschäfte nicht offiziell von seinem Regierungspartner bestätigt, mit welchen Ministern diese schwierige Aufgabe bei einer derzeitigen Mega-Inflation von über 231 Millionen Prozent und 90 Prozent Arbeitslosigkeit in Angriff genommen werden soll.
Aber Tsvangirai hatte am Abend zuvor eine Liste mit 15 Mitgliedern seiner Partei veröffentlicht, die er für die Kabinettsbildung am kommenden Freitag ausgewählt hat. MDC-Generalsekretär Tendai Biti soll demnach den Posten des Finanzministers erhalten, eine Schlüsselposition in der künftigen Regierung. Eine Anklage wegen Hochverrats gegen Biti, Hauptvermittler bei den monatelangen Verhandlungen der Opposition mit der Regierung Mugabes, war erst vergangene Woche von einem Gericht aus Mangel an Beweisen eingestellt worden. Jetzt soll der Anwalt Biti sicherstellen, dass bereitgestellte Gelder der internationalen Gemeinschaft fließen, um das wirtschaftlich zusammengebrochene Land wieder aufzubauen. Er muss allerdings auch mit Gideon Gono, dem bisherigen Gouverneur der Zentralbank, kooperieren, der praktisch für das Verschwinden der Landeswährung in Simbabwe verantwortlich ist.
Tsvangirai hatte vergangene Woche auf Drängen der regionalen Organisation "Entwicklungsgemeinschaft südliches Afrika" (SADC)" eine gemeinsame Regierung mit Mugabe erneut bestätigt, nachdem bereits am 15. September vergangenen Jahres ein entsprechendes Papier Parteien unterzeichnet worden war. Die MDC hatte sich anschließend bis vor wenigen Tagen geweigert, diese Koalition einzugehen, da ihre Forderungen nach gleicher Aufteilung der Kabinettsposten zwischen beiden Parteien nicht erfüllt worden sind. Der strittigste Punkt, der die Verhandlungen unter Vermittlung von Südafrikas ehemaligen Staatschef Thabo Mbeki und dem jetzigen Präsidenten Kgalema Motlanthe stets hinausgezögert hat, ist offenbar nicht zugunsten der MDC geklärt worden: Tsvangirai hatte darauf bestanden, die Befehlsgewalt über die Polizei zu bekommen, da Mugabe auch nach 29 Jahren Machtmonopol und Terror gegen Oppositionelle als Präsident weiterhin die Kontrolle der Streitkräfte behält.
Doch SADC schlug in den Verhandlungen vor, das sich beide Parteien das Innenministerium teilen. Tsvangirai schickt ausgerechnet Giles Mutseyekwa in dieses Ministerium, einen ehemaligen Angehörigen der Luftwaffe, der wegen eines angeblichen Versuches, Mugabe abzusetzen, verhaftet worden war und jetzt der MDC angehört. Mugabe wird einen zweiten Minister von seiner Zanu-Pf als Amtskollegen benennen.
Zusätzlich soll die MDC auch das Gesundheits- und das Erziehungsministerium leiten, eine enorme Herausforderung bei der Cholera-Epidemie im Land, die bereits 3.500 Tote gefordert hat. Alle Universitäten und die meisten Schulen sind geschlossen. Fachkräfte haben Simbabwe schon lange verlassen, aber es wächst die Hoffnung, dass viele Simbabwer aus dem Exil in Südafrika und Großbritannien zurückkehren, sollte das Regierungsbündnis einigermaßen funktionieren.
Die MDC hatte aber auch gefordert, alle politischen Häftlinge sollten bis zur Vereidigung Tsvangirais freigelassen werden. Das ist nicht geschehen. Dennoch hat Premier Tsvangirai sein neues Amt übernommen und erklärt, sein Regierungsteam werde den Prozess des Wiederaufbaus in dieser Übergangsperiode einleiten.
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