zahl der woche
: Trübe Erfolgsbilanz im Verkehr

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Die Nachricht weckte Hoffnungen: 438 Verkehrstote gab es von Januar bis Juli 2004 weniger als im Vorjahr. Nach Auskunft des Statistischen Bundesamts bedeuten die „nur“ 2.637 Toten auf deutschen Straßen einen Rückgang um 21 Prozent im Vergleich zu 2002. Das klingt nach einem großen Erfolg für die Verkehrssicherheit. Tatsächlich rätseln die Experten über die Ursachen: War es das schlechte Wetter, das weniger Menschen auf die besonders unfallgefährdeten Fahrräder und Motorräder lockte? Lag es am Benzinpreis? Fahren die Menschen besser? Das hofft zumindest Rainer Hessel von der Deutschen Verkehrswacht: „Dass unsere permanente Aufklärung nicht ohne Wirkung gewesen ist.“ Auch Bernd Kulow vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) meint, die Menschen lebten heute gesünder: Nicht nur im Fitnessstudio, sondern auch durch vernünftigeres Fahren.

Aber gibt es wirklich Grund zur Freude? Insgesamt ging die Zahl der Unfälle im Straßenverkehr nämlich nur um 0,6 Prozent auf rund eine Million zurück. Das können auch statistischen Schwankungen sein, so Kulow. Teures Benzin, viel Regen – das sieht vielleicht bald wieder anders aus. Besser fahren die Deutschen jedenfalls nicht. „Es muss an den Fahrzeugen liegen“, konstatiert Maximilian Maurer vom ADAC. Der Rückgang ist ein langfristiger Trend, seit der allgemeinen Gurtpflicht in den 70ern. Airbag, ABS, Gurtstraffer – Innovationen brauchen 10 bis 15 Jahre um sich durchzusetzen und ihre Spur in der Statistik zu hinterlassen. Rainer Hessel von der Verkehrswacht spricht von einem „Dreiklang“: Neue Techniken im Auto, Innovationen wie elektronische Verkehrsführung und schließlich das veränderte Gefahrenbewusstsein der Fahrer führe zum Rückgang der Toten.

Auch gibt es große regionale Unterschiede. Im Bundesdurchschnitt starben 32 Personen pro einer Million Einwohner. In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg lagen die Zahlen mit 54 und 52 Toten deutlich darüber. Der Grund für Kulow: Die nach wie vor schlechteren Straßen im Osten.

Noch ein Aspekt trübt die Erfolgsbilanz: Im Gegensatz zu den Konstrukteuren der Fahrzeuge haben die Autofahrer selbst in den letzten 15 Jahren wenig aktiv zu ihrer Sicherheit beigetragen. „Rücksicht ist besser“ plakatiert daher der DVR an den Autobahnen. Unfallursache Nummer eins ist nach wie vor „unangepasste Geschwindigkeit“: Gegen Raser hilft eben auch kein Airbag.

FRANZISKA DÄHN