: Trotz Ermittlung: CDU zahlte weiter
Neue Details zu Untreueverdacht im Landtag Sachsen-Anhalt
Von David Muschenich
In Sachsen-Anhalt hat am Dienstag eine Polizeidurchsuchung im Landtag für Aufsehen gesorgt. Hintergrund der Ermittlungen ist, dass die Fraktionen von CDU, AfD und SPD im Verdacht stehen, Geld veruntreut zu haben. Entgegen dem 2020 geänderten Abgeordnetengesetz sollen sie Personen in bestimmten Ämtern finanzielle Zuschläge bezahlt haben. Der Bund der Steuerzahler hatte 2023 deshalb Anzeige erstattet. Bei SPD und AfD geht es dabei um das Jahr 2021. Die CDU-Fraktion zahlt allerdings bis heute Geld für besagte Posten – und sieht darin kein Problem.
Das Abgeordnetengesetz in Sachsen-Anhalt sieht seit 2020 neben den monatlichen Diäten der Abgeordneten eine Entschädigung für vier Ämter im Parlament vor: erstens für den:die Präsident:in des Landtags, zweitens die Vizepräsident:innen, drittens die Fraktionsvorsitzenden und viertens die parlamentarischen Geschäftsführer:innen. Weiter heißt es im Gesetz: Alle darüber hinausgehenden „Zahlungen für besondere parlamentarische Funktionen aus Mitteln der Fraktionen sind unzulässig.“
Trotzdem listeten CDU, AfD und SPD in ihrer öffentlichen Rechnungslegung im Jahr 2021 Geld für Fraktionsmitglieder auf, die „besondere Aufgaben“ oder „besondere Funktionen in der Fraktion“ übernommen hätten. Bei der SPD waren das 7.500 Euro, in der AfD 25.600 Euro und in der CDU 66.000 Euro. Doch während bei den anderen Fraktionen in den folgenden zwei Jahren 0,00 Euro unter dem Punkt verbucht wurden, gab die CDU 2022 noch 47.250 Euro und 2023 dann 62.802,24 Euro an.
Für 2024 und 2025 sind die Rechnungslegungen noch nicht veröffentlicht. Allerdings erklärte die CDU-Fraktion auf Anfrage der taz, derartige Ausgaben tätige sie bis heute. Das Geld ginge an die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, Arbeitsgruppenvorsitzende und die Obleute der CDU-Fraktion im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss sowie der Enquetekommission.
Die CDU-Fraktion sei sich keiner Schuld bewusst. Sie habe jedes Jahr den Rechtsrat des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes im Landtag in Anspruch genommen, demnach seien die Zahlungen rechtens.
Allerdings hat sich auch schon der Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt mit dem Thema beschäftigt. 2023 bezeichnete der Rechnungshof die Entschädigungen für Arbeitsgruppenvorsitzende und Vizefraktionschefs „als verfassungsrechtlich sehr bedenklich“. Geld für diese Ämter zu zahlen, sei „gar nicht vereinbar“ mit dem Abgeordnetengesetz in Sachsen-Anhalt.
Auch die CDU-Fraktion verfolge seit 2023 aufmerksam die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Magdeburg. Sie habe mehrfach angeboten, benötigte Unterlagen bereitzustellen. Das sei aber von den Behörden nicht angenommen worden. Doch auch nach der Durchsuchung erklärte die CDU-Fraktion, zu kooperieren.
Ähnlich hatten sich auch die Fraktionen von SPD und AfD geäußert. Die AfD betonte dabei, sie habe alle gesuchten Dokumente ausgehändigt, deshalb seien ihre Räume nicht durchsucht worden. Die Staatsanwaltschaft erklärte auf taz-Anfrage, sie habe für konkrete Personen aller drei Fraktionen Durchsuchungsbeschlüsse gehabt. Allerdings müsse „nicht jede Schublade“ geöffnet werden, wenn man die gesuchten Dokumente habe.
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