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Archiv-Artikel

Triumphalistischer Unterton

betr.: „Dieser Herbst wird kalt, nicht heiß“, „Ungeschoren durch den Herbst“, taz vom 23. 10. 03

Eine übergroße Koalition von CDU/CSU über SPD bis zu Bündnis 90/Die Grünen strebt die Zerschlagung des Sozialstaates an. Allenfalls Geschwindigkeit und Weg dorthin sind umstritten zwischen Schröders Agenda 2010 und der Herzog-Kommission. Und die alternative taz scheint es mit Häme zu sehen, dass es der Gewerkschaft Ver.di bisher nicht gelungen ist, breiteren Widerstand zu mobilisieren, also der Herbst möglicherweise „kalt“ bleibt.

Auch wenn Ver.di noch kein schlüssiges Gegenkonzept aus dem Hut zaubern kann, müsste jedem eigentlich klar sein: Mit diesen rot-grünen „Reform-“Gesetzen wird höchstens die Gesellschaft kälter und unsolidarischer. Es ist ein Irrglaube, dass durch Leistungskürzungen einerseits und zusätzliche Belastungen andererseits der weniger begüterten Bürgerinnen und Bürger, also durch bloße Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben, eines der strukturellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme gelöst werden könnte. Dabei brauchten Sozialdemokraten und Grüne nur in ihre Archive zu schauen, um Denkanstöße zu finden für eine Politik des ökologischen und sozialen Umbaus […]. HEINZ-DIETER SIMON, Menden

betr.: „Ungeschoren durch den Herbst“, Kommentar von Thilo Knott zum Ver.di-Bundeskongress, taz vom 23. 10. 03

Mit triumphalistischem Unterton kommentierte Thilo Knott zu Beginn des Ver.di-Kongresses, die Mitglieder sähen die „Notwendigkeit der Reformen ein“, weshalb die Führungen mit ihrer ersten „Drohgebärde“ gegen die Agenda 2010 gescheitert seien, „nur 90.000“ (!) Gewerkschafter seien auf die Straße gegangen. Es war schon immer eine bequeme Lüge, zu behaupten, dass die Basis nicht wolle, wenn in Wirklichkeit die Führung nicht will, weil sie längst ihren Kompromiss mit Unternehmern und Regierung geschlossen hat und nichts mehr fürchtet, als den Aufstand von unten. Trotzdem gingen diese 90.000 auf die Straße. Und der Ver.di-Kongress hat gegen den Willen des Vorstands die Mitglieder zu den Demonstrationen gegen Sozialabbau am 1. November aufgerufen. Erspart uns bitte die unredlichen und gewerkschaftsfeindlichen Kommentare von Herrn Knott. ROMANA DREISLER, Berlin