Trennung auf Russisch: Die Putins tun es
Warum lassen sich die Putins scheiden? Sagen wir mal so: Einen Wladimir Wladimirowitsch verlässt man nicht.
Aus nach dreißig Jahren. Der russische Präsident Wladimir Putin und seine Frau Ljudmila Putina lassen sich scheiden. Ihre Entscheidung verkündeten die Putins keineswegs so, wie es von einem Staatsehepaar zu erwarten gewesen wäre – nämlich über einen Palast... äh Regierungssprecher. Nein, sie begaben sich zu diesem Zweck in die Moskauer Oper und sonderten hernach vor der Fernsehkamera erst mal ein paar staatstragende Bemerkungen über die soeben gesehene Inszenierung ab.
„Wir saßen im Saal und tauschten unsere Eindrücke aus“, formulierte es Herr Putin. Und Frau Putina erklärte, sie habe den Eindruck gewonnen, „dass unser Ballett die Perfektion erreicht hat“. Was man halt sagt, wenn man niemanden kränken möchte. Dann fragt die Interviewerin die beiden Kunstkenner, ob es stimme, dass sie nicht mehr zusammenleben. Da lächelt der kleine Zar, schaut seine Zarin an und spricht: „Ja, das stimmt.“
Na wer sagt's denn, jetzt ist es raus. Gerüchte um die Trennung des Paares kursieren schon länger. Als 2008 der Moskowski Korrespondent kolportierte, der damals 55-jährige Wladimir Putin habe sich scheiden lassen und beabsichtige, die 25 Jahre alte Sportgymnastin Alina Kabajewa zu ehelichen, wurde das Problem auf russische Art gelöst: Die Zeitung wurde geschlossen.
Nun also dieses seltsam verdruckste Ballett-und-Scheidung-Interview. „Ljudmila hat ihre Wache als First Lady abgeleistet“, bescheinigt der Gatte der Gattin, als sei diese eine Art Paladin bei Erreichen des Pensionsalters. Sie setzt nach: „Wir sehen uns kaum. Wladimir Wladimirowitsch ist in die Arbeit vertieft.“
Schon wahr. Wladimir Wladimirowitsch hat gut zu tun. Er muss Raketenlieferungen nach Syrien veranlassen, Eishockey trainieren, Tiger jagen und dabei seinen Oberkörper freimachen. Er muss beten, Gerhard Schröder umarmen und hin und wieder sein Kabinett zusammenscheißen. Braucht's da wirklich noch eine Scheidung?
Es gibt massenhaft Paare, die sich trennen, aber nicht gleich zum Richter rennen. Einem von den Putins muss also sehr daran gelegen sein, die Trennung offiziell zu machen. Wer das ist? Sagen wir mal so: Einen Wladimir Wladimirowisch Putin verlässt man nicht. Er verlässt.
Ljudmila Alexandrowna Putina macht in dem Fernsehinterview nicht den Eindruck, als sehe sie einer trostlosen Zukunft entgegen. Dauerlächelnd steht die 55 Jahre alte Romanistin schräg hinter ihrem Noch-Ehemann. Die Schultern seltsam hochgezogen, die Clutch fest im Griff, schaut sie bei jedem ihrer Sätze zu ihm hinüber. Sie betont, wie dankbar sie ihm sei, dass er sich weiterhin um sie und die Kinder kümmere. Richtig so?, fragen ihre Augen. Richtig so, bedeuten ihr Wladimirs Blicke.
Man denkt: Das ist auch besser so, Frau Putina. Einen Fehltritt, egal welcher Art, würde er vermutlich auf Zarenart regeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen