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Trefflich polemisiert

betr.: „Hetze und Diskriminierung“, Leserinbrief von Elke Pechmann, taz vom 16. 2. 02

Wieder einmal zeigt sich, dass mit aus dem Zusammenhang gerissenen oder schlicht falschen Zahlen trefflich polemisiert werden kann. Deshalb eine kleine Gegenrechnung. Wenn fünf Prozent der Männer in Deutschland schwul sind und von 60.000 deutschen HIV-Infizierten 80 Prozent Schwule, dann werden schwerlich 25 Prozent aller Schwulen Aids bekommen. Die Millionen heterosexueller Aids-Opfer in Afrika werden diese Rechenkünstler der schwulen Internationale wohl auch noch anlasten.

Das Ärgerlichere ist aber, dass behauptet wird, Lebens- und Verhaltensweisen von Schwulen seien nicht diskutierbar. Solange Menschen wie Frau Pechmann nicht verstehen wollen, dass es „die“ Schwulen gar nicht gibt, ist eine Diskussion schwerlich möglich. Natürlich gibt es promiske Schwule, aber nicht alle Schwulen leben promisk. Davon abgesehen scheint es der Dame ja um eine moralische Kategorie zu gehen. Ihre Argumentation ist so lauter und logisch, als wenn ich als Schwuler wegen der hunderttausenden heterosexuellen Männer, die täglich sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen, auf alle Heteros schließen würde.

Was in diesem Zusammenhang die Verantwortung für die kommenden Generationen angeht, ist dieser bei entsprechendem Kondomgebrauch wohl zumindest gesundheitspolitisch Rechnung getragen. Warum sich aber konservative Heteros einbilden, dass der Fortbestand unseres Volkes ausgerechnet vom schwulen Mann und seinem fragwürdigen Lebensstil gefährdet wird, bleibt mir schleierhaft. Wie steht es denn mit den heterosexuellen Gebärverweigerinnen, Frau Pechmann? Nehmen Sie denen die Pille weg? Ich hoffe, dass Sie ihre Geburtsquote bereits erfüllt haben. Von Herrn Dr. Stoiber als Kanzler gibt es dann demnächst vielleicht das Mutterkreuz. ANDRÉ ZWIERS-POLIDORI, Dortmund

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