vorlauf : Traurig: Ab in die Babyklappe
„Königskinder“
(20.45 Uhr, Arte)
Merle und Abel haben alles, was man zum Glücklichsein braucht: Sie sind jung, verliebt und die Welt steht ihnen offen. Die beiden träumen davon, nach der Schule aus ihrem Kaff abzuhauen und es richtig krachen zu lassen. Denn: Abel will Stuntman werden. Und: Die berühmteste Stuntmanschule der Welt gibt es in Los Angeles. Abels Vater will aber, dass der Sohn die Schleuse übernimmt. Schon der Urgroßvater und der Großvater waren schließlich Schleusenwärter. Punkt. Doch Achim Rohde spielt den Schleusenwärterpapa so norddeutsch nett, dass auch die verschiedenen Berufsvorstellungen von Vater und Sohn kein wirkliches Problem sind. Fast beginnt die Idylle schon zu nerven, da geschieht ein richtiges Desaster: Merle ist schwanger.
Was folgt, wirkt teilweise wie der Aufklärungsfilm zur Babyklappe. Da es für eine Abtreibung zu spät ist, beschließen Merle und Abel, das Kind heimlich in der Großstadt zu bekommen – es aber nicht zu behalten. Obwohl der Plot sehr didaktisch angelegt ist, erzählt Regisseurin Isabel Kleefeld („Schluss mit lustig“) die Geschichte von Merle und Abel anrührend und authentisch. Wie die beiden 18-Jährigen von Amerika träumen und schon in Hamburg völlig verloren sind. Wie die ganze Härte des Lebens langsam in die idyllische Jugendwelt eindringt. Wie das Mädchen viel schneller reift als der Junge, der sich umsonst abmüht, seine Freundin zu verstehen.
Auch wenn der erhobene Zeigefinger doch manchmal zu offensichtlich droht, lässt sich „Königskinder“ problemlos in die Riege gelungener deutscher Adoleszenzfilme einreihen. Ähnlich wie „Crazy“ oder „Absolute Giganten“ schildert er leise und bedächtig das schwierigste Kapitel des Lebens: das Erwachsenwerden. Nicht zuletzt dank der unverbrauchten Gesichter der beiden Jungschauspieler Luise Helm und Adrian Topol. Glatt und sorgenfrei am Anfang, mit dieser Uns-gehört-die-Welt-Attitüde, wegen der man niemals mehr 18 sein möchte. Es folgt die Desillusionierung, wegen der man auch nie wieder 18 sein möchte. Zwar bleiben einem die Probleme ja lebenslang erhalten, aber: the first cut is the deepest. SILVIA HELBIG