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„Trauerspiel“ soll neuen Schlußakt bekommen

■ Koalition: SPD-Landesausschuß berät heute Ergebnisse der Verhandlungen. Parteilinke will Nachverhandlungen

In der SPD ist ein Streit über das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen mit der CDU entbrannt. Im Mittelpunkt der Kritik steht vor allem die Ressortaufteilung im künftigen neunköpfigen Senat. Die SPD erhält keines der sogenannten „Querschnittsressorts“ Inneres oder Finanzen. Ebenso umstritten ist das Ergebnis der Haushaltssanierung. In den Verhandlungen wurden statt der bis 1999 erforderlichen Einsparungen von 23,1 Milliarden Mark lediglich 14 Milliarden erreicht. Wo die noch erforderlichen neun Milliarden gestrichen werden sollen, darüber soll nun eine Kommission beraten, deren Ergebnis aber erst nach der Volksabstimmung zur Länderfusion am 5. Mai vorliegen wird.

Die schärfsten Töne kamen aus dem Wedding: Der SPD-Kreisvorsitzende und Bürgermeister Hans Nisblè schimpfte: „Unsere Verhandlungsführer haben alles getan, um einen Ressortzuschnitt hinzukriegen, der ihnen auf jeden Fall einen passenden Senatorenposten verschafft“. Nisblè, ein Parteirechter, zeigte sich im Hinblick auf den am Mittwoch stattfindenden SPD- Landesparteitag davon überzeugt, daß eine Koalition in dieser Zusammensetzung noch lange nicht abgesegnet sei. Der Vorsitzende des SPD-Fachausschusses Inneres, Klaus Eisenreich, bezeichnete die Ressortverteilung als „unannehmbar“. Die Verhandlungsführer der SPD hätten widerstandslos die Vorgaben der CDU akzeptiert.

Bevor die SPD-Delegierten am Mittwoch endgültig über die Fortsetzung der Koalition entscheiden, kommt heute bereits der SPD- Landesausschuß zusammen. Hans-Christoph Wagner, SPD- Vorsitzender in Kreuzberg, kündigte an, auf der Sitzung einen Antrag auf Nachverhandlungen einzubringen. Wagner bezeichnete das Verhandlungsergebnis als „Trauerspiel“, das man so nicht zur Abstimmung stellen könne.

Nachverhandlungen mit der CDU forderte gestern auch der Donnerstagkreis der Parteilinken. Wie SPD-Geschäftsführer Rudolf Hartung mitteilte, wurde neben der Ressortverteilung und den abgebrochenen Sparverhandlungen auch die „willkürliche“ Reduzierung auf 18 Bezirke kritisiert, ebenso die Absichtserklärung, sämtliche Entscheidungen im Senat einvernehmlich zu treffen.

Weitgehende Zustimmung zum Koalitionskompromiß mit der CDU signalisierte dagegen der Britzer Kreis der Parteirechten. Insbesondere über die Inhalte der Koalitionsverhandlungen, gab sich der stellvertretende Parteivorsitzende Hermann Borghorst zuversichtlich, herrsche weitgehend Übereinstimmung. Zwar habe es auch bei den Britzern vereinzelt Kritik an der Ressortverteilung gegeben, Nachverhandlungen kämen aber nicht in Frage. Das Ergebnis der Verhandlungen, sagte Borghorst, müsse nun in der Koalition umgesetzt werden.

Unterdessen kündigte SPD- Fraktionschef Böger an, am Tag nach dem Parteitag dem Landesvorstand bereits die SPD-Kandidaten für den neuen Senat zu präsentieren. Uwe Rada

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